Münchner Geschichte(n), 1/2020: Eine Entdeckungsreise durchs Viertel

Liebe Leserin, lieber Leser,
vielen bleibt dieser Tage nur der Gang zum Einkaufen oder eine Runde um den Block, um etwas frische Luft zu schnappen und den Kopf mit neuen Gedanken zu füllen. Ein kostbarer Schritt ins Freie! Und die Chance auf einmalige Entdeckungen im eigenen, scheinbar bekannten Stadtviertel. Mit unseren Buchtipps wird sogar der fünfminütige Spaziergang zur Reise, denn manchmal ist eine ganz andere Welt nur einen Katzensprung entfernt.

Ihre Lieblingsbuchhandlung liefert Ihnen jedes unserer Bücher derzeit direkt nach Hause. Auch wir sind immer für Sie erreichbar, Sie können problemlos bei uns auf der Seite bestellen oder Sie rufen uns zu den Bürozeiten einfach an.

Wenn Sie demnächst einige Menschen mit Buch in der Hand durch Ihr Viertel spazieren und staunen sehen, wundern Sie sich nicht: Das sind Zeitreisende. Wie spannend es ist, die Entwicklung der verschiedenen Münchner Stadtviertel vom Feld übers Bauerndorf, die aufblühende Gemeinde und das Zusammenwachsen mit der großen Stadt bis zu den Straßenzügen von heute zu verfolgen, beweisen aktuell acht Bildbände aus der Reihe „Zeitreise ins alte München“: Maxvorstadt, Ludwigsvorstadt, Sendling, Schwabing, Bogenhausen, Gern, Hadern und Obermenzing. Das Stadtarchiv München hat als Herausgeber der Reihe seine Schatzkisten geöffnet und in jedem Buch zum ersten Mal bis zu 150 Jahre altes Bildmaterial aus der Frühzeit der Fotografie zugänglich gemacht. Die Geschichte der einzigartigen Viertel erzählen dazu die besten Historiker, Stadtführer und Archivare Münchens.

Auf zum historischen Rundgang durch zwei unterschätzte Münchner Viertel: Am nördlichen Stadtrand vereint Freimann die Extreme. Hier steht die älteste Kirche des Münchner Stadtgebiets direkt neben Allianz Arena, BR-Studios und Autobahnkreuz, hier wurde aus dem berüchtigten Müllberg Großlappen ein idyllisches Naherholungsgebiet und aus der eigenständigen ländlichen Gemeinde ein florierender Industriestandort. Im äußersten Münchner Westen hat Pasing den Ruf des gemütlichen Spießer-Quartiers – dabei zogen um 1900 die Künstler und Bohemiens „raus aufs freie Land“, Unternehmer erfreuten sich an ihren prosperierenden Fabriken und mit den Pasinger Villenkolonien wurden architektonische Meilensteine gesetzt, die sich teils noch original erkunden lassen.

Eine Stadt, besonders eine so weltoffene wie München, lebt vom ständigen Austausch, vom Miteinander Einheimischer und Zugezogener. Gerade „Münchner auf Zeit“ tragen frische Ideen und Impulse in ihre neue Heimat – und sei es durch Mitbringsel wie Schokolade und Coca-Cola. Geblieben ist von den US-amerikanischen Besatzungstruppen nach 1945 zum Glück wesentlich mehr als der kleine Zuckerrausch. Vor allem in den Vierteln Giesing und Bogenhausen prägten sie ein halbes Jahrhundert lang Lebensalltag und Stadtbild mit McGraw-Kaserne, amerikanischem Kaufhaus und Radiosender, Sport- und Vergnügungsanlagen. Welche Spuren davon heute noch zu entdecken sind, verraten die Büchen „Amis in Giesing“ und „Amis in Bogenhausen“ und zeigen, dass ohne die amerikanische Politik der Weg Münchens von der „Hauptstadt der Bewegung“ zur „Weltstadt mit Herz“ kaum möglich gewesen wäre.

Es ist kaum zu glauben, wie sehr sich der Münchner Osten seit den Tagen des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders verändert hat. Wer heute durch die Au oder Haidhausen marschiert, wird kaum mehr einen Hinweis auf ihre Vergangenheit als Herbergsviertel der mittellosen Arbeiter und Tagelöhner entdecken. Die letzten windschiefen Häuschen, die sich an schmale, ungepflasterte Gässchen drängten, wurden 1962 abgerissen. Umso mehr lohnt sich die Zeitreise in die ehemaligen Glasscherbenviertel: „Verlorene Lebenswelten“ ist mit beeindruckenden Fotografien aus der Mitte des 20. Jahrhunderts ein wahrer Augenöffner. Nicht weniger fesselnd ist das Abtauchen in die 70er-Jahre mit dem Bildband „Wiedersehen mit Haidhausen“: kleine Handwerksbetriebe hinter rußgeschwärzten Fassaden, Künstler und Studenten im aufstrebenden Quartier und der Postbote, der gern zu Tratsch und zweitem Frühstück bleibt.