Bayerische Geschichte(n), 10/2020: Besondere Ostern

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Osterfest 2020 wird ein besonderes: Traditionen müssen ruhen, Familie und Freunde werden virtuell besucht und das Osternest wohl trotz Sonnenschein an einem der vielen grandiosen Verstecke zwischen Kleiderschrank, Waschmaschine und Backofen verstaut. In Zeiten des „Social Distancing“ sind Kreativität und ordentlich Geduld gefragt. Und wenn einem die Decke doch gar zu schlimm auf den Kopf fällt? Diana Hillebrand, Autorin unserer „Paula“-Kinderbuchreihe, hat die beste Medizin gegen Langeweile: Auf ihrem YouTube-Kanal liest sie für kleine und große Zuhörer ab 6 Jahren aus „Paula und die geheimnisvolle Miss Bloom“, alle zwei Tage geht ein neues Kapitel des Buchs online. Schaut und hört doch mal rein: https://www.youtube.com/channel/UCF6z8J2SDzGVwQcP9Ua7csQ/featured.

Als Paula, die Tiere über alles liebt, einen Wettbewerb gewinnt, darf sie als Kinder-Reporterin direkt aus dem Münchner Tierpark Hellabrunn berichten – was für ein Abenteuer! Mit Tierpfleger Tibo entdeckt sie die geheimsten Winkel des Zoos, trifft verliebte Eisbären, führt Gedankengespräche mit einer Gorilla-Dame und wird von einem Bison verfolgt. Zum Glück ist Paula nicht nur sehr neugierig, sondern kann auch ziemlich schnell rennen … Hilfe kommt von ihrem besten Freund Luca, niemand ist perfekter fürs gemeinsame Abenteuer-Bestehen. So auch im zweiten Buch der „Paula“-Reihe, das mit einem verloren gegangenen, fast schwarzen Kater beginnt: Montgomery gehört Miss Agatha Bloom, die unter einer rätselhaften Fragekrankheit leidet. Völlig klar, dass Paula und Luca da helfen müssen. Ihre Suche nach den Antworten auf Miss Blooms haarsträubend-schräge Fragen führt sie quer durch München, vom Elefantenkeller des Paläontologischen Museums bis zu einer ägyptischen Königin, die im Untergrund des Kunstareals wohnt. Genauso fröhlich, lustig und ein bisschen chaotisch wie Paula sind übrigens die fabelhaften Illustrationen von Stefanie Duckstein, die aus allen „Paula“-Büchern kleine Kunstwerke machen.

Es war einmal ein Schreiner, der saß im Kerker eines Schlosses, und als er nicht mehr ein noch aus wusste, ließ er dem König ausrichten: „Wenn du mich freilässt, will ich dir ein Kunststück zusammenzimmern, wie es die Welt noch nicht gesehen hat!“ Der König ging auf den Handel ein, der Schreiner brachte ein Kästchen daher – und setzte sich darauf. Da fing es zu brausen an und das Kästchen erhob sich und trug ihn bei dem einen Fenster hinaus und beim andern wieder herein. Der König war hocherfreut und der Schreiner ein freier Mann. Nun aber hatte der König einen Sohn … Na – gespannt, wie das Märchen vom fliegenden Kästchen weitergeht? Erika Eichenseer erzählt es auf ihrem Hörbuch mit so viel Gespür für den Zauber des alten Originaltexts, dass ihre Zuhörer mit großen Augen und staunenden Mündern alles um sich herum vergessen. 10 bayerische Märchen erweckt sie so zu neuem Leben, naturnah, lustig und einmalig im Ton berichten sie von mutigen Abenteurern, von fantastischen Wesen und ganz irdischen Schreckgestalten, aber auch von der Kultur eines vergangenen Bayern. Der Musiker Tom Dürr sorgt mit sage und schreibe 38 Instrumenten für die märchenhafte Klangkulisse.

Es gibt sie noch, die prächtigen Bücher voller Spuk, Aberglaube und Wunder, die einen durch ein ganzes Leseleben begleiten: Den Sagenschatz Bayerns – mit Titelprägung und Lesebändchen – möchte man, einmal aufgeschlagen, kaum mehr aus der Hand legen. Über 200 Geschichten von Hexen, Heiligen und Halunken laden zum Schmökern ein. Gegliedert sind sie nach den sieben Regierungsbezirken unseres Freistaats von Franken über Bayerisch-Schwaben bis Altbayern, sogar ein Ausflug in die von 1816 bis 1946 bayerische Pfalz wird unternommen. Exakte regionale Verortung, kurze geschichtliche Hintergründe und die Erklärung alter, kaum mehr gebräuchlicher Begriffe ergänzen die im Original belassenen Texte. Es lohnt sich, tief ins bayerische Sagenerbe einzutauchen und nachzuforschen, welche Gestalten einst im eigenen Heimatort ihr Unwesen getrieben haben – die „Hexe von Menzing“, der „Galgenpater von Burghausen“, die „Drei Scharfrichter zu Regensburg“ oder der „Weiße Geist zu Nürnberg“?

Der Ursprung der Oberammergauer Passionsspielen ist legendär: Das erfolgreichste Laienspiel der Welt geht auf ein Pestgelübde aus dem Jahr 1633 zurück. Sollten sie durch himmlischen Beistand von der furchtbaren Krankheit befreit werden, so gelobten die Oberammergauer, dann würden sie alle zehn Jahre die Passion Christi nachstellen. Bis heute sind sie ihrem Eid treu geblieben, das Passionsspiel zählt mit jeweils mehr als 100 Aufführungen auf der weltgrößten Freilichtbühne sogar zum „Immateriellen Kulturerbe“ der UNESCO. Es ist kaum zu verschmerzen, dass mit der aktuellen Absage aller Großveranstaltungen 500.000 Zuschauer bis 2022 Geduld haben müssen, um die neue Inszenierung von Spielleiter Christian Stückl zu erleben. Die beste Überbrückung dieser Zeit ist „Die Geschichte der Oberammergauer Passionsspiele“. Unterstützt von opulentem Bildmaterial blickt die Journalistin Viola Schenz hinter die Kulissen der Spiele und verrät z.B., was König Ludwig II. mit ihnen verbindet, wie die Oberammergauer einst Kirche und Regenten austricksten, welche Qualen der Christus-Darsteller mitunter real durchleidet oder weshalb Stückl „die Passion“ radikal umkrempeln will.

Brett- und Kartenspiele erleben eine Renaissance. Wobei gerade die Spielkarten in Bayern durchgehend hoch im Kurs standen, ja sogar kulturbildend waren. Egal ob Altbayern, Franken oder Schwaben – das Kartenspiel gehört zum festen Bestandteil gelebter Tradition. Seit zwei Wochen müssen sie nun zur gepflegten Schafkopfrunde vom Stammtisch im Wirtshaus an den heimischen Küchentisch wandern. Ob die Spieler dabei ahnen, welch gewaltige Geschichte hinter Eichel und Herz, Blatt und Schelle steckt? Manfred Hausler, der als Koryphäe in Sachen Spielkarten auch international in allererster Reihe mitmischt, stellt in „Trommler und Pfeifer“ die Familie der bayerischen Spielkarten vor und deckt ihre bis ins Mittelalter zurückreichenden Wurzeln auf. Dass Altbayern das Mutterland aller heute noch benutzten Spielkarten zwischen Bregenz und Prag ist, beweist eine Vielzahl historischer Anekdoten, die von der Entstehung der Blattfarben erzählen und verraten, was genau an ihnen so typisch bayerisch ist.

Klaus Leidorf ist ein Pionier: Seit 1989 öffnet der Luftbildarchäologe mit seinen Fotografien unsere Augen für das Besondere. Jede Aufnahme Bayerns aus luftiger Höhe ist eine Entdeckung – Vertrautes wirkt auf einmal fremd und faszinierend, das Alltägliche bekommt den Reiz des Unbekannten und nie geahnte Strukturen werden sichtbar. Die Schönheit der außergewöhnlichen Perspektive ist vielseitig und überraschend: Aus Münchens Dächern wird ein buntes Gemälde, Nördlingens berühmte Stadtmauer und die historischen Gassen liegen wie ein rotes Wagenrad im fruchtbaren Ries, eine Burganlage gibt ihre Geheimnisse preis und aus viel befahrenen Autobahnen werden echte Kunstwerke. Kulturlandschaften wie in blühendes Rapsfeld bei Landshut zeigen sich mit ihren verblüffenden Mustern nicht weniger beeindruckend als die im Bild eingefangenen Kräfte der Natur, wenn zum Beispiel eine Lawine am Schneeferner den Hang hinabdonnert. Begleitet werden die großformatigen, brillanten Fotos von kurzen Texten, die Besonderheiten und Zusammenhänge aufdecken – denn hinter jedem Bild steckt auch eine Geschichte. Fliegen Sie mit!