Münchner Geschichte(n), 22/2012: Die guten Engel mit den weißen Flügelhauben

Das 1813 zum Allgemeinen Krankenhaus umgestaltete ehemalige Spital der Barmherzigen Brüder vor dem Sendlinger Tor. Im Vordergrund ein Krankentransport durch Sesselträger.

Liebe Leserin, lieber Leser,

im Vorgelände der Sendlinger-Tor-Bastei wurde 1751 mit Unterstützung der kurfürstlichen Familie und zahlreicher Wohltäter aus Adel und Bürgertum das „Spital der Barmherzigen Brüder“ errichtet. Wenige Jahre später folgte, gefördert von der Kaiserinwitwe Maria Amalie, das „Krankenhaus für Frauen“. Beide Einrichtungen leisteten bis zur Aufhebung der sie betreuenden Orden einen immensen Beitrag für die medizinische Versorgung Münchens. 1803 heißt es über die Barmherzigen Brüder, dass sie jährlich 600 Personen aufnähmen, „von denen gewöhnlich die meisten wieder genesen“.

Blick auf den Sendlinger-Tor-Platz gegen Westen. Im Vordergrund der mittig den Platz schmückende Springbrunnen von 1873. Links der Ansatz der Lindwurmstraße, dann die einst aus hygienischen Gründen verordnete weite Grünzone vor dem Allgemeinen Krankenhaus.

Nach der Säkularisation wurde das Spital von Grund auf erneuert und 1813 in „Allgemeines Krankenhaus“ umbenannt. Aus hygienischen Gründen ordnete man eine weite Grünzone zur Stadt hin an. Die Angst vor der Ausbreitung von Seuchen bestimmte noch bis weit ins 19. Jahrhundert das Leben in den Städten. Noch 1854 starben in München 9.000 Menschen an einer Cholera-Epidemie.

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Operationsräume in der Hauner'schen Kinderklinik mit zwei Barmherzigen Schwestern, die dort auch den Ärzten assistierten.

König Ludwig I. hatte sich dafür eingesetzt, dass die Krankenpflege in den Münchner Krankenhäusern den „Barmherzigen Schwestern“ übertragen wurde. In den Jahren 1837 bis 1839 wurde für den in München gerade erst eingeführten Orden beim „Allgemeinen Krankenhaus“ ein Kloster mit eigener Kirche errichtet. Die Schwestern mit ihren weißen Flügelhauben, die auch den Ärzten im „Hauner’schen Kinderspital“ an der Lindwurmstraße im Operationssaal assistierten, galten als die „guten Engel“ in den Münchner Kliniken.

Das nach einem Entwurf von Friedrich von Gärtner westlich an das Allgemeine Krankenhaus 1837/39 angebaute Mutterhaus und Kloster der Barmherzigen Schwestern. Das Haus in den Gartenanlagen rechts vom Schwesternbau ist ein Wohngebäude. Aufnahme um 1910

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war München dann eine der saubersten Städte Europas, die auch über hochqualifizierte medizinische Einrichtungen verfügte. Nach und nach war in der Ludwigsvorstadt das Klinikviertel gewachsen. An den Neubauten waren so namhafte Architekten wie Leo von Klenze und August von Voit beteiligt. Max Littmann plante die 1907 eröffnete „Neue Anatomie“, einen ebenso formschönen wie zweckmäßigen Bau, der als moderne Eisen-Beton-Konstruktion ausgeführt wurde. Das Gebäude ist auf einer der zahlreichen anderen historischen Aufnahmen aus dem Münchner Stadtarchiv zu sehen, die Richard Bauer für das Buch „Ludwigsvorstadt – Zeitreise ins alte München“ zusammengestellt hat.