Münchner Geschichte(n), 07/2014: Coffee, Chocolade und Liqueurs

Im Jahr 1909, als diese Postkartenaufnahme entstand, wurden die Badeöfen  in Bad Brunnthal noch befeuert, wie der aufsteigende Rauch beweist.
Im Jahr 1909, als diese Postkartenaufnahme entstand, wurden die Badeöfen in Bad Brunnthal noch befeuert, wie der aufsteigende Rauch beweist.

Lieber Leserin, lieber Leser,

es waren zwei geschäftstüchtige Damen, die im 19. Jahrhundert das rechte Isarufer zum Treffpunkt der Münchner „Szene“ machten. Im Mai 1820 warb eine gewisse Magdalena Dumenyl in der „Münchener Politischen Zeitung“ für ihr Etablissement, in dem man von 6 Uhr früh bis 10 Uhr abends ein Bad nehmen konnte und „wo übrigens besonders zu zahlende Erfrischungen zu haben“ waren. Nach ihrem Tod nahm das biedermeierliche Wellness-Unternehmen erst richtig Fahrt auf: Der neue Besitzer ließ im selben Blatt wissen, „daß in jedem Zimmer dieser Badeanstalt eine kupferne und blecherne Badewanne stehe, daß jeder das warme und kalte Wasser selbst einlaufen lassen könne, (…) und daß die Titl. Badegäste auf Verlangen mit Coffee, Chocolade, Wein, Bier und Liqueurs, dann Schinken, Käs und Butter, gegen billige Preise bedient werden.“

Das „Fitness-Studio“ war 1891 bereits erfunden: Im Gymnastiksaal der Heil- und Kuranstalt Bad Brunnthal wurde an Geräten trainiert.
Das „Fitness-Studio“ war 1891 bereits erfunden: Im Gymnastiksaal der Heil- und Kuranstalt Bad Brunnthal wurde an Geräten trainiert.

Es galt in bürgerlichen Kreisen als ausgesprochen chic, sich beim Baden in Brunnthal verwöhnen zu lassen. Die elegante Anlage mit dem kleinen Türmchen auf dem Dach hatte einen enormen Zulauf, auch wenn so ein Badetag mit allerhand kulinarischen Genüssen trotz der „billigen Preise“ ein recht exklusives Vergnügen gewesen sein dürfte. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts war es dann mit dem Spaß vorbei: Dr. Arno Krüche verwandelte das Bad in eine „Heil- und Kuranstalt“. Der für seine Zeit höchst fortschrittliche Arzt legte großen Wert darauf, dass seine Patienten strenge Diät hielten und sich speziellen Wasseranwendungen unterzogen. Im sogenannten „schwedischen Saal“ trainierten auch Damen in langen Kleidern an „Fitnessgeräten“.

 

Das Hompesch-Schlössl musste nach den Plänen von König Maximilian II. einem Beamtentöchterstift im Bürklein-Stil weichen.
Das Hompesch-Schlössl musste nach den Plänen von König Maximilian II. einem Beamtentöchterstift im Bürklein-Stil weichen.

Etwa zur selben Zeit wie Bad Brunnthal erlebte auch das „Hompesch-Schlössl“ seine Blütezeit: 1827 hatte die Witwe Lindner, bis dahin Wirtin des „Tivoli“ im Englischen Garten, den etwas heruntergekommenen Adelssitz Neuberghausen übernommen. Der letzte Bewohner des hübschen Barockschlösschens war der 1809 verstorbene Johann Wilhelm von Hompesch, Finanzminister des Königreichs Bayern, gewesen. Ob es nun an der rührigen Wirtin lag oder an der idyllischen Lage: Das „Schlössl“ wurde bald zum beliebtesten Ausflugs- und Vergnügungslokal der Münchner. An warmen Frühlings- und Sommerabenden, vor allem aber an Sonntagnachmittagen pilgerten sie in Scharen über die Bogenhauser Holzbrücke nach Neuberghausen hinauf – oder ließen sich gleich mit der Kutsche vorfahren. Es war ein Sehen und Gesehen-werden!

Die beiden Historiker Willibald Karl und Karin Pohl lassen im sechsten Band der Reihe „Zeitreise ins alte München“ die Geschichte von Bogenhausen lebendig werden. Anhand zahlreicher, zum Teil noch nie gezeigter historischer Aufnahmen aus dem Münchner Stadtarchiv schildern sie den Wandel des einstigen Bauerndorfs am rechten Isarufer zu Münchens beliebtester und bald auch nobelster Wohngegend.