Bayerische Geschichte(n), 3/2020: Mietshaus und Mietwohnung im Nürnberger Umland 1500 – 1800

Liebe Leserin, lieber Leser,

Das Torhaus in Uehlfeld repräsentiert mit seiner mittigen Durchfahrt den Standard. Ein Bewohnen der seitlichen Gebäudeteile des Erdgeschosses ist bei dieser Art des Torhauses nicht möglich (Skizze: Volker Liedke, Planarchiv BLfD).

ein als Mietobjekt genutztes Gebäude ist zum Beispiel das Torhaus. Charakteristisch für die Region Franken zählt es zu den „wichtigsten identitätsstiftenden Bauten der betreffenden Orte“. Dem barocken Anspruch an eine symmetrische Architektur wird durch eine meist mittige Durchfahrt Genüge getan. Dadurch können allerdings die seitlichen Gebäudeteile des Erdgeschosses meist nur als Lagerräume genutzt werden. Das Ober- sowie das Mansardgeschoss beherbergen Wohnungen, die beispielsweise als Dienst- oder auch als Armenwohnungen fungieren können. Vereinzelt existieren jedoch auch Torhäuser mit seitlicher Durchfahrt, wodurch zusätzlicher Wohnraum entsteht.

Das Torhaus in Sugenheim, 1765/66 von der Gemeinde neu errichtet, weicht mit seiner seitlichen Lage der Durchfahrt von der Mehrheit der Torhäuser ab und bietet dadurch neuen Mietraum in den unteren beiden Geschossen (Foto: Thomas Wenderoth 2017).

Auch auf Herrensitzen lassen sich Mietsituationen feststellen. Dass hier nicht nur der Eigentümer mit seiner Familie inklusive Gesinde lebte, zeigt das Beispiel des Prinzen Christian Heinrich von Brandenburg-Bayreuth, der aufgrund einer nicht-standesgemäßen Heirat vom Bayreuther Hof verbannt wurde und selbst als Mieter auftrat. Es kamen also nicht nur ärmere Menschen, die sich kaum mehr als ein einfaches Zimmer leisten konnten, in den Genuss eines Mietverhältnisses, sondern beispielsweise auch der Hochadel.

Planungsvariante des für das Herrenhaus Glockenhof geplanten Neubaus aus dem Jahr 1760. Die Repräsentationsarchitektur wird gefüllt mit einfachen Mietwohnungen (StAN RN 75-I, 434-6-P1v).

Das Zusammenleben verschiedener Gesellschaftsschichten zeigt sich auch am Beispiel eines geplanten dreigeschossigen Neubaus in Glockenhof aus dem Jahr 1760. Dieser sah ein Sockelgeschoss, zwei repräsentative Obergeschosse und ein Mansarddach mit mittigen Zwerchhäusern und Gauben vor. Die beiden im Sockelgeschoss untergebrachten, unabhängig vom Herrenhaus erschlossenen und daher separat zugänglichen Zinswohnungen sind für die „einfacheren“ Mieter gedacht. In den Obergeschossen mit identischen Grundrissen sind großzügig dimensionierte Räume sowie Säle und Abtritte vorhanden, was von gehobenen (Wohn-)Ansprüchen zeugt.

 

Die Geschichte des Mietwohnens reicht weit zurück und ist nicht nur ein Phänomen der Stadt, wie Thomas Wenderoth anhand ausgewählter Orte und Gebäude der Region Franken zeigt.  „Mietshaus und Mietwohnung auf dem Land“ liefert Einblicke in die ökonomische und soziale Situation der Mieter, in Berufsfelder und Einkommen sowie Miethöhen und Haushaltsgrößen. Außerdem werden bauliche Grundlagen verschiedener Wohnformen, Wohnungstypen und Wohnungsgrößen analysiert.