Bayerische Geschichten 28/2021: Entdecken Sie München neu!


Liebe Leserin, lieber Leser,
nichts geht über eine persönliche Empfehlung – am besten von einem Profi oder einer ausgewiesenen Expertin ihres Fachs. Für unseren neuen Münchner Stadtführer „Lieblingstouren“ haben wir genau das getan: die Profis mit an Bord geholt! Entstanden ist ein einmaliger Band mit Spaziergängen quer durch die Stadt, die Sie so noch nie erlebt haben. 11 Touren, jede von ihnen die persönliche Lieblingsroute eines Münchner Stadtführers oder einer Stadtführerin, bieten etwas für jeden Geschmack: Wie wär’s mit einer nächtlichen Runde entlang des Verlaufs der mittelalterlichen Münchner Stadtmauer? Auf den Spuren von Dichtern und Denkern geht es durch die Maximiliansanlagen. Oder zieht es Sie mehr in den Münchner Norden, wo der Petuelpark mit ungeahnten Ausblicken und Entdeckungen lockt? Erkunden Sie München auf eigene Faust – aber mit den Profis an Ihrer Seite!

Die grüne „Mollei“, Blick von der Ridlerstaße. Foto: MV

Tour durchs Westend

… Wir stehen gegenüber der Angler­straße und blicken auf die „Mollblöcke“, Projekte des Münchner Bauunternehmers Leonhard Moll. Sie sind Teil der Ausstellung „Heim und Technik“, die 1928 stattfand. Am Objekt wurden technische Entwick­lungen für den Haushalt, Verbesse­rungen in der Sanitätsausstattung, Heizungen, Beleuchtungen, 21 ein­gerichtete Wohnungen präsentiert. Links die „Grüne Mollei“, ein Leitbild für den gehobenen Mittelstand. Sie gilt als eines der wenigen Beispiele der Moderne in München. Der Archi­tekt Otho Orlando Kurz (1881 – 1933) „verzierte“ den funktionalen Block mit runden Balkonen. Die Haus­technik war vom Feinsten mit Auf­zügen, Zentralheizung und Mün­chens erster Tiefgarage. (Stadtführer: Hans-Jochim Wehlmann)

Das ehemalige Heilig-Geist-Spital am Viktualienmarkt, Zeichnung 1871. Foto: Stadtarchiv München

Nachtwächter-Tour:

… Augustinerstraße: In diesem grünen Gebäude befindet sich heute das Polizeipräsidium. Ende des 13. Jahrhunderts entstand hier das Augustinerkloster. Zunächst lag es außerhalb der Stadtmauer, wie auch das Franziskanerkloster im Norden an der Stelle der heutigen Oper, das Kloster der Klarissen am Anger im Südosten und das Kloster vom Heilig Geist im Osten am heutigen Viktualienmarkt.
Der große Brand von 1327 hat auch hier Spuren hinterlassen. Zwar war dieses Kloster verschont geblieben, doch da das Heilig-Geist-Kloster stark zerstört war, baten die dortigen Mönche, bei den Augustinern ihr Bier brauen zu dürfen. Das wurde ihnen 1328 mit hoheitlicher Urkunde gestattet. Weil das die erste urkundliche Nennung der Braustätte der Augustiner war, gilt dies als Gründungsdatum Münchens ältester Brauerei, auch wenn die Augustiner bestimmt schon früher Bier gebraut haben. (Stadtführer: Wolfgang Oppler)

Zweisamkeit über den Tod hinaus. Grab des Ehepaars Vermersch. Foto: MV

Tour über den Alten Südfriedhof:

… Weiter auf dem mittleren Weg unterwegs, halten wir inne vor einem Grab auf der rechten Seite, dass die Porträtbüsten des Ehepaars Vermeersch zeigt. Den Münchnern sind sie eher unbekannt, keine Straße ist nach ihnen benannt. Ihre Geschichte ist allerdings so rührselig, dass wir kurz von ihnen hören wollen.
Der gebürtige Belgier Ivo Ambros Vermeersch (1809 – 1852) kam nach gründlicher Ausbildung zum Architekturmaler 32-jährig nach München und ehelichte ein paar Jahre später Amalie, geb. Dahl. Von dieser Ehe wird berichtet, dass sie von tiefster und innigster Liebe geprägt gewesen sei. Nun trug es sich so zu, dass Amalie so schwer erkrankte, dass „auch die leiseste Hoffnung jemals eintretender Genesung verschwunden war“.

Vermeersch, der nicht vom Kranken­lager seiner geliebten Gattin wich, erlitt „in Folge unausgesetzter Theilnahme und schmerzlicher Aufgeregtheit über die großen Leiden seiner Gattin“ am 24. Mai 1853 eine Gehirnthrombose und verstarb nur wenige Stunden vor seiner geliebten Frau. Es wird berichtet, dass die Anteilnahme nicht nur unter den Münchnern, sondern auch unter den zeitgenössischen Künstlern so groß war, dass eine „ansehnliche Zahl Kunstgenossen des verlebten Meisters mit brennenden Fackeln vor den zwei bekränzten Särgen daher zog“. (Stadtführer: Alexander Kardaschenko)

Das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Herbergenhaus, sog. Pesthaus, 60er Jahre. Foto: Stadtarchiv München

Tour durch die Au

… Wir begeben uns zurück in die Franz-Prüller-Straße, in der sich ein Ensemble von alter Auer Kleinhausbebauung befindet, das die Bombardierung des Zweiten Weltkriegs überstanden hatte. Das bekannteste Gebäude ist das sogenannte Pesthaus, auch Kaltenegger- oder Nonnenhaus genannt. Der Entstehungszeitpunkt des berühmtesten Herbergsanwesens in der Au wird mit dem Jahr 1458 angegeben.

Anlass zu Spekulationen bot das am Haus vorhandene Kreuz, das angeblich während einer Pestepidemie als Zeichen für den Tod aller Einwohner des Hauses angebracht worden sein soll. Tatsache ist jedoch, dass das Herbergsanwesen schon während den ersten Pest-Epidemien, die München, die Au und die umliegenden Dörfer geißelten, schon bestanden hat. Im Jahr 1985 kaufte der Erfolgsregisseur Joseph Vilsmeier [„Herbstmilch“, „Ramadama“] das heruntergekommene Haus und ließ es in den Jahren 1991/92 mit viel Mühe, Detailtreue und viel Geld in den Vorkriegszustand restaurieren. (Stadtführer: Rudi Hartbrunner)