Bayerische Geschichten 23/2022: Auf zu neuen Ufern

Liebe Leserin, lieber Leser,

begleiten Sie Maler, Musiker und seltene Tiere zum Starnberger See, um herauszufinden, was sie an den Sehnsuchtsort zieht. Lassen Sie sich dabei von Anekdoten über wilde Ochsenrennen erheitern, rätseln Sie mit den Tauchforschern in den Tiefen des Sees oder ärgern Sie sich mit den armen Fischerfamilien über das rücksichtslose Vorkaufsrecht des Fürstenhofs. Über 60 renommierte Autoren zeichnen in diesem Bildband das lebendige Porträt einer der schönsten Regionen Deutschlands.

Rund um die Roseninsel laufen mehrere vorgeschichtliche Palisaden, die bis auf wenige Zentimeter aberodiert sind. Durch Wellenschlag und Bootsverkehr sind diese jahrtausendealten Zeugnisse stark bedroht. (Bild: Bayerische Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e.V.)

Seit vor knapp 150 Jahren im Starnberger See der erste archäologische Tauchgang Bayerns stattfand, gehen Forscher dort im wahrsten Sinn des Wortes der Vergangenheit auf den Grund: Neben Kupferdolchen und Pfeilspitzen wurde eine fast 6000 Jahre alte Pfahlanlage gefunden, deren Zweck den Archäologen noch immer Rätsel aufgibt. Leider werden hier viele Fundstellen von plündernden Sporttauchern gestört.

Zünftige Gaudi beim Ochsenrennen 2017. Bergauf im Ochsengalopp (von links): Boateng der Durstige mit Martin Weis, Frido mit Ludwig Schmid und Balduin mit Korbinian Reindl (Bild: D’Ochserer Haunshofen e.V.)

Beim Ochsenrennen in Haunshofen sind Besucher hingegen durchaus erwünscht. Begeistert wetten sie auf den Sieger, für den es allein schon eine Herausforderung darstellt, mit seinem Tier gemeinsam die Ziellinie zu erreichen. Da das Rind jedoch seinen eigenen Kopf hat, wird sich schon mal der überflüssigen Last entledigt oder einfach eine falsche Richtung eingeschlagen. Mancher Ochs genießt noch am Start das Alpenpanorama, während ein anderer längst (ohne Reiter) im Ziel ankommt.

Die Fischermeister Michael Strobl (links) und Hans Strobl von Ambach mit dem bisher größten Fisch aus dem Starnberger See, einem Waller (2,48 m, 68,5 kg). (Bild: Hans Strobl)

Diesen außergewöhnlichen Fang hätten die Fischer früher abgeben müssen: Noch bis 1856 hatte der Münchner Fürstenhof nämlich das absolute Vorkaufsrecht. Nur die Fische, die dort nicht gebraucht wurden, durften auf dem Markt in München angeboten werden. Da der Hof jedoch sehr niedrige Preise zahlte, konnte kaum einer von der Fischerei leben. So wundert es nicht, dass aus Not oft zu verbotener Zeit oder mit zu engmaschigem Netz gefischt wurde.
Für seine Prunkfahrten über den See forderte der Hof jedoch so viele Fische und Ruderer zugleich, dass die Fischer mehrmals streikten und erklärten: „Herr Kurfürst, entweder wir fangen Fische für Eure Hoftafel oder wir fahren Euch auf dem See, beides geht nicht.“