Bayerische Geschichten 20/2021: Die Tegernseer St.-Quirinus-Kirche und ihre Stifter
Liebe Leserin, lieber Leser,
das ehemalige Kloster Tegernsee blickt auf eine weit über 1.000-jährige Geschichte zurück, die in Teilen noch heute in der jetzigen Pfarrkirche St. Quirinus ablesbar ist. Neben der bemerkenswerten Baugeschichte der ehemaligen Klosterkirche legt der 24. Band der Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege besondere Aufmerksamkeit auf die Öffnung des Stiftergrabs und die Rekonstruktion des Lebens der beiden mutmaßlichen Klosterstifter Adalbert und Otkar.
Zusammen mit dem Kloster Benediktbeuern zählt St. Quirinus in Tegernsee zu den Urklöstern Bayerns. Im Laufe der Jahrhunderte unterlag die Kirche immer wieder baulichen Wandlungen. Als herausragende Quelle für die Baugeschichte dient das Bauwerk selbst, denn ein Blick in die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereiche offenbart Spuren sämtlicher Bauzustände vom beginnenden 11. Jahrhundert bis hin zu den letzten größeren Veränderungen unter Leo von Klenze im 19. Jahrhundert. Und ganz nebenbei zeigt sich das unglaubliche Geschick der Baumeister,
das Alte neu aussehen zu lassen. Noch heute stammen erhebliche Teile des Gebäudes aus dem 11. Jahrhundert.
Über das Leben der beiden Stifter-Brüder Adalbert und Otkar gibt es kaum gesicherte Zeugnisse. Geschichtliche Quellen belegen Adalbert als Abt in Tegernsee zwischen 770 und 790. Zu Otkar liegen keine zweifelsfreien zeitgenössischen Dokumente vor, nur die Erwähnung seines Grabes noch zu Lebzeiten des Bruders. Erst die „Passio Quirini“, datiert auf das Ende des 9. Jahrhunderts, erwähnt die beiden Brüder namentlich. Dank zahlreicher Untersuchungen und Analysen kann als gesichert gelten, dass Adalbert um 735 und Otkar um 743 geboren wurde und die beiden am selben Ort aufgewachsen sind – vermutlich in der Bretagne, wie ein erhöhter Konsum von Meeresfisch in der Kindheit bzw. Jugend und die Namensherkunft nahelegen. Auch der familiäre Hintergrund der Stifter kann nur spekulativ beantwortet werden, doch ist davon auszugehen, dass sie aufgrund der Klostergründung eine hohe gesellschaftliche Stellung innehatten.
Dass die Gebeine der beiden Klostergründer untersucht werden konnten, ist der Kirchenrenovierung in den Jahren von 1998 bis 2004 zu verdanken, in deren Rahmen der Lagerungsort der Gebeine gut zugänglich war. Bei der Öffnung im Pathologischen Institut der Ludwig-Maximilians-Universität in München traten ungeordnete Knochen im Sarg zutage – eine erste Sortierung ergab zwei Individuen, die ähnliche physische Skeletteigenschaften aufwiesen. Genauere Untersuchungen belegten schließlich ein verwandtschaftliches Verhältnis: vermutlich Brüder, ein Vater-Sohn-Verhältnis schien weniger wahrscheinlich. Bereits 1962 waren die Gebeine aus ihrem damals beschädigten Sarg entnommen und von einem Tegernseer Arzt vermessen worden.
- ISBN: 978-3-86222-405-0