Bayerische Geschichten 15/2021: Durch die grünen Oasen Münchens

Liebe Leserin, lieber Leser,
wo steht der älteste Baum Münchens? Wie wurden aus mittelalterlichen Nutzgärten die blühenden Oasen der Neuzeit? Und aus dem alten, im Volksmund „Münchens Sahara“ genannten Maximiliansplatz ein Englischer Garten im Kleinformat? Die Stadtführerin und Historikerin Susanne Herleth-Krentz kennt nicht nur die Geschichte eines jeden Münchners Parks samt vieler Anekdoten und Legenden – sie führt mit ihrem „Mini: Das grüne München“ zielgenau zu den schönsten historischen Grünanlagen, gibt Tipps zu wenig besuchten, versteckten Orten und dem besten Lokal für die Stärkung zwischendurch. 31 Stationen, auf 4 eigenständige Spaziergänge verteilt, bringen Sie auf Tour „Entlang der Isar“, „In der Innenstadt“, „Rund um das Sendlinger Tor“ und in „Bogenhausen“.

Neptunbrunnen im Alten Botanischen Garten (Foto: dreamstime_Photo20ast)

80.000 Fuhren Pflanzenerde – und zwar nur vom Besten – wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach München gekarrt. Der berühmte Gartenarchitekt und Stadtplaner Ludwig von Sckell hatte unweit des Centralbahnhofs mehr als 14 Tagwerk Land in Form einer Ellipse abstecken lassen. Doch für die Anlage des hier geplanten Botanischen Gartens zur Erforschung der Pflanzenwelt musste zunächst im wahrsten Sinne des Wortes der Boden bereitet werden: Die ausgehobene Kiesgrube wurde mit Erde aufgeschüttet. 5.714 Bäume und Sträucher waren zur Eröffnung 1812 schon gepflanzt. Vier Längs- und sieben Querwege kreuzten das Areal, führten vorbei an Blühendem, Duftendem, Kräuterigem hin zu Exotischem wie der ersten Palme Münchens. Heute ist der Alte Botanische Garten zwischen Hauptbahnhof und Justizpalast immer noch ein geschätzter Ruhepol im Trubel der Stadt.

Etwa zur selben Zeit, als die Münchner zum ersten Mal Kakteen, Agaven und sonstige Kuriositäten im Botanischen Garten bewunderten, sorgten der Abbruch der Wallanlagen um die Innenstadt und die Arbeiten an neuen Straßen und Plätzen für gemischte Gefühle bei der Bevölkerung. Der damalige Maximiliansplatz war eine Steinwüste voller Staub und Schlaglöcher, kopfschüttelnd nur „Münchens Sahara“ genannt. Gartenbaumeister von Sckell wollte dem Elend mit einer prächtigen Allee-Bepflanzung beikommen, scheiterte jedoch an der Finanzierung. Erst als Kronprinz Ludwig die Sache von 1819 bis 1822 in die Hand nahm, ergrünte die Fläche: Dafür widmete er die Einnahmen aus dem „Bierpfennig“ – insgesamt 8.000 Gulden – und die bei Arbeiten am Königsplatz als Aushub anfallende Erde einfach um. Es entstand ein „Englischer Garten im Kleinen“.

Der Nornenbrunnen in den Eschenanlagen neben dem Maximiliansplatz (Foto: Michael Volk)

Alter Südfriedhof (Foto Alexander Kardaschenko)

Wer hätte das gedacht: Die Anfänge des Alten Südfriedhofs, heute eine herrliche Grünanlage, führen in das Jahr 1540 zurück, als Pestopfer, Selbstmörder und gesellschaftliche Außenseiter wie der Henker der Stadt hier ihre letzte Ruhestätte fanden. Doch über die Jahrhunderte wurde das Areal Stück für Stück aufgewertet – und erweitert: Die dreischiffige Pfeilerhalle von Friedrich von Gärtner, dem Haus- und Hofarchitekten König Ludwigs I., verbindet den alten und neuen Teil des Friedhofs, wobei von Gärtner selbst das erste Grabmal im 1850 eingeweihten neuen Teil erhielt. Überhaupt lassen sich hier in idyllischer Kulisse zahlreiche große Namen auf den Gedenksteinen entdecken: Königin Therese von Bayern, Baumeister Leo von Klenze, Brauereigründer Joseph Pschorr, die berühmte Hochstaplerin Adele Spitzeder oder Helene Sedlmayr, die „schöne Münchnerin“, die in Ludwigs I. legendärer Schönheitengalerie verewigt wurde.