Münchner Geschichte(n)11/12: Ein Palazzo für Herrn Meyer

Liebe Leserin, lieber Leser,
Das alte Rom im neuen München: Das 1852 vollendete Siegestor, dessen Vorbild der Konstantinsbogen in Rom ist, markiert den nördlichen Abschluss der Ludwigstraße.
Das alte Rom im neuen München: Das 1852 vollendete Siegestor, dessen Vorbild der Konstantinsbogen in Rom ist, markiert den nördlichen Abschluss der Ludwigstraße.

einen ganzen Kilometer Italien ließ König Ludwig I. sich vor den Toren seiner Stadt bauen. 1816 wurde der Entwurf der Ludwigstraße in den „Generalplan des zukünftigen München“ eingezeichnet. Zu beiden Seiten der neuen Straße sollten Gebäude entstehen, die von Adelspalästen in Florenz und Rom inspiriert waren. Sie sollten an hochrangige Privatleute vermietet oder verkauft werden. Der arme Leo von Klenze wurde damit beauftragt, das Unmögliche möglich zu machen: München sei doch nicht Rom oder Florenz, klagte der Architekt, und ein Herr Meyer, für den das Haus errichtet werden sollte, kein Farnese oder Pitti. Die für Münchner Verhältnisse wenig zweckmäßigen Wohnungen hinter italienischen Renaissance-Fassaden waren schwer an den Mann zu bringen. Obendrein führte die neue Straße ins Nirgendwo des Dorfes Schwabing.

Eine bayerische Loggia: Die Feldherrnhalle beherbergt Denkmäler für bayerische Feldherren, von denen "der eine kein Bayer und der andere kein Feldherr" war, so Lion Feuchtwanger in seinem berühmten Roman "Erfolg".
Eine bayerische Loggia: Die Feldherrnhalle beherbergt Denkmäler für bayerische Feldherren, von denen "der eine kein Bayer und der andere kein Feldherr" war, so Lion Feuchtwanger in seinem berühmten Roman "Erfolg".

Die Feldherrnhalle markiert den stadtseitigen Anfangspunkt der bayerisch-italienischen „Via Triumphalis“. Sie wurde 1835 bei Friedrich von Gärtner in Auftrag gegeben und 1844 eingeweiht. Vorbild für die dreibogige offene Halle war natürlich die Loggia dei Lanzi in Florenz, der sie beinahe wie ein Ei dem anderen gleicht. Die offene Arkadenhalle an der Florentiner Piazza della Signoria wurde zwischen 1376 und 1382 errichtet und diente ursprünglich für Kundgebungen der Republik Florenz. Cosimo de Medici brachte hier im 16. Jahrhundert seine deutsche Söldnertruppe unter. Diese Landsknechte wurden „Lanzichenecchi“ genannt, die Florentiner vereinfachten dann den Zungenbrecher zu „Lanzi“.

Das ehemalige Wohnhaus des "italienischen Franzosen" Eugène de Beauharnais ist heute eine Rekonstruktion, nur der Balkon an der Südseite hat die Bombenangriffe überdauert.
Das ehemalige Wohnhaus des "italienischen Franzosen" Eugène de Beauharnais ist heute eine Rekonstruktion, nur der Balkon an der Südseite hat die Bombenangriffe überdauert.

Eugène de Beauharnais war der Stiefsohn Napoleons, der Schwiegersohn des ersten bayerischen Königs und von 1805 bis 1814 Vizekönig von Italien. 1817 wurde er von Max I. Joseph zum Fürsten von Eichstätt und Herzog von Leuchtenberg erhoben – und war damit der ideale erste „Kunde“ für die an der Ludwigstraße geplanten Adelspaläste. Ludwig jedoch war wenig begeistert von der Vorstellung, dass ausgerechnet „der Franzose“ sich als erster an seiner italienischen Straße niederlassen wollte. Leo von Klenze aber entwarf für ihn ein Haus mit über 250 Zimmern. Vorbild war der Palazzo Farnese, Paradestück der römischen Renaissancearchitektur. Heute ist hier das Bayerische Finanzministerium untergebracht. Ludwig I. aber muss ausgerechnet vor dem Haus seines ungeliebten Schwagers für immer und ewig in Bronze gegossen ausharren. Der neue Mini „Italienisches München“ ist der ideale Begleiter für eine Spurensuche in der „nördlichsten Stadt Italiens“.