Münchner Geschichte(n), 09/2013: Buffalo Bill in München

Die drei Gründer des Cowboy Clubs München – Martin Fromberger, Fred Sommer, Hermann Sommer – in voller Montur um 1937
Die drei Gründer des Cowboy Clubs München – Martin Fromberger, Fred Sommer, Hermann Sommer – in voller Montur um 1937

Liebe Leserin, lieber Leser,

am Anfang stand natürlich die Sehnsucht nach dem Wilden Westen, nach einem Cowboy-Leben im Sattel, das Lasso in der Hand. Die große Auswanderungswelle lag zwar schon einige Jahre zurück, aber auch
zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte Amerika kaum etwas von seiner Anziehungskraft als „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ verloren. Nur: Wie den Traum vom Neuanfang mit Stetson und Colt finanzieren? Fred Sommer, der Vater des Kolumnisten Sigi Sommer, sein Bruder Hermann und der gemeinsame Freund Martin Fromberger setzten ihr Glück in alter Goldgräbermanier auf die Klassenlotterie und schlossen sich mit dem Ziel Auswanderung am 12. April 1913 zum „Losverein Wild West“ zusammen.

Das Indianerlager des Cowboy Clubs im Harlachinger Forst um 1931
Das Indianerlager des Cowboy Clubs im Harlachinger Forst um 1931

Nicht zuletzt befeuerten literarische Ausflüge in die Prärie die Faszination, die die Neue Welt auf viele Daheimgebliebene ausübte. Von den Übersetzungen der „Lederstrumpf“-Erzählungen J. F. Coopers bis zum 1890 erschienenen „Schatz im Silbersee“ von Karl May prägten Abenteuerromane und Reiseberichte das Bild eines freien, schönen, chancenreichen Landes. Die Begeisterung für seine Bewohner, von Cowboy bis Trapper, schlug hohe Wellen und zum ersten Mal wuchs auch das Interesse an den „edlen Wilden“, den nordamerikanischen Indianern.

Buffalo Bills tierische Namenspatrone vor den Dächern Sendlings auf der Theresienwiese
Buffalo Bills tierische Namenspatrone vor den Dächern Sendlings auf der Theresienwiese

1890 brachte William Frederik Cody, alias „Buffalo Bill“, mit seiner Show den Wilden Westen direkt nach München und verpasste den wild wuchernden Ideen aus den Büchern Coopers und Mays so eine gehörige Portion reales, fast schon greifbares Abenteuer. Vom 19. April bis zum 4. Mai verwandelte sich die Theresienwiese in ein kleines Stück Amerika. Wo heute das Oktoberfest jeden Herbst für ein zweiwöchiges Spektakel sorgt, unterhielten damals über 200 Cowboys und Indianer, 170 Pferde und 20 Bisons die staunenden Münchner nicht weniger spektakulär mit Reit- und Lassokünsten, Indianertänzen und dem berühmten Überfall auf die „Deadwood Mail Coach“.

Größtmögliche Authentizität: Das Selbstverständnis eines Münchner Cowboys um 1936
Größtmögliche Authentizität: Das Selbstverständnis eines Münchner Cowboys um 1936

Es verwundert nicht, dass, angesteckt vom allgegenwärtigen Wildwestfieber, um die Jahrhundertwende viele Cowboy-Clubs gegründet wurden. Der Cowboy Club München 1913 e. V. ist der älteste aktive seiner Art in Deutschland und lebt seit sage und schreibe 100 Jahren sportlich und völkerkundlich den Traum vom Ritt in den Sonnenuntergang.

Anlässlich der Jubiläumsausstellung im Münchner Stadtmuseum (21. Juni bis 15. September 2013) ist der dazugehörige Katalog im Volk Verlag erschienen. Cindy Drexl öffnet mit einer Vielzahl bisher unveröffentlichter Fotografien die Tür zur umfassenden Vereinsgeschichte – alles unter dem Stern der „Sehnsucht nach dem Wilden Westen“.

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