Bayerische Geschichte(n), 5/2020: 30 Jahre Momentaufnahmen einer Stadt

Liebe Leserin, lieber Leser,

Schutzmann Fischalek regelt den Verkehr vor dem Kaufhof. Als die Aufnahme entstand, war es noch üblich, den Polizisten Weihnachtsgeschenke an das Podest zu legen.

man könnte meinen, Rudi Fischalek käme aus einer fernen Galaxie, so wie er auf seinem Podest steht und mit Adleraugen auf die Straße blickt. Tatsächlich aber hat die von ihm ausgeübte Tätigkeit mit Futurismus wenig gemein. Der Schutzmann regelt lediglich – beleuchtet und damit gut sichtbar für alle – den Verkehr vor dem Kaufhof an der Kreuzung Bayer-/Sonnenstraße. Später übernahmen Ampeln die Funktion der Schutzmänner und damit die Entscheidung über die Grün- und Rotphasen in der Münchner Innenstadt.

 

 

Abenteuerspielplatz Trümmergrundstück: Für die Kleinen waren die noch unbebauten Baulücken spannende, wenn auch nicht ungefährliche Spielplätze.

Lang dauerte es, die meterhohen Schuttberge, die allerorts in den Münchner Himmel ragten, abzutragen, und damit die allseits präsenten Spuren des Zweiten Weltkrieges zu beseitigen. Doch auch schuttbefreite Straßen und Plätze ebneten noch lange nicht die Rückkehr zur Normalität. Die Jüngsten gewöhnten sich jedoch schnell an die neuen Umstände. Sie entdeckten mit kindlicher Neugier die Trümmergrundstücke der Umgebung, auch wenn diese wegen Blindgängern und Munitionsresten noch immer gefährlich sein konnten.

 

Auch der Viktualienmarkt im Stadtzentrum überstand die Zäsur des Nationalsozialismus nicht unbeschadet. Ab etwa der Mitte der 1950er Jahre konnten Händler hier wieder ihre Produkte feilbieten.

Der nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaute Viktualienmarkt versorgt die Stadtbevölkerung mit Lebensmitteln. Anfangs zwar noch mit bescheidenem Angebot, doch schon in den späten 1950er Jahren gaben die Preise Anlass zur Diskussion. Ein Schild mit Werbung für „Münchener Qualitäts-Gemüse – täglich frisch geerntet“ zeigt, dass Regionalität und Frische schon damals ein Thema waren. Der Blumenmarkt, den es Ende der 1950er noch gab, existiert heute nicht mehr, an seiner Stelle befindet sich stattdessen die wieder errichtete Schrannenhalle.

Fotografie bewegt – so auch die Bilder von Herbert Wendling, einem Münchner Stadt-Fotografen. Eindrucksvoll fing dieser historisch bedeutende, aber auch alltägliche Momente im München seiner Zeit ein. Von den Waschfrauen am Auer Mühlbach bis zu den spielenden Kindern in der Nachkriegszeit; authentische Augenblicke einer Stadt, deren Leichtigkeit von der NS-Diktatur in den 1930er und 1940er Jahren geraubt wurde und zu der sie über Jahrzehnte nur mühsam zurückfand.