Bayerische Geschichten 31/2020: Schatzhäuser des Wissens

Liebe Leserin, lieber Leser,

täglich begegnen wir in München – bewusst und unbewusst – den Stätten unschätzbaren Wissens: Bibliotheken. Über das ganze Stadtgebiet verteilt sind sie zu finden. Bekannt sind vor allem die Großen wie die Bayerische Staatsbibliothek, die Universitätsbibliotheken oder die Münchner Stadtbibliothek mit ihren zahlreichen Stadtteilbibliotheken. Doch München hat viel mehr zu bieten als das: vom Lyrikkabinett bis zur Bibliothek des Bayerischen Rundfunks, von der Bibliothek des Bayerischen Landtags bis zur Internationalen Jugendbibliothek im Schloss Blutenburg, von der ADAC Bibliothek bis zu den Bibliotheken der Kultureinrichtungen des Auslands. Die gebürtige Münchnerin und Diplombibliothekarin Brigitte Steinert stellt in ihrem Stadtführer „Bibliotheken in München“ eine große Auswahl an Bibliotheken vor und lädt zum Flanieren durch die physischen und virtuellen Bibliothekslandschaften ein.

Lesesaal von Archiv und Bibliothek in der barocken ehemaligen Sakristei des Metropolitankapitels München (Erzdiözese München und Freising)
Lesesaal von Archiv und Bibliothek in der barocken ehemaligen Sakristei des Metropolitankapitels München (Foto: Erzdiözese München und Freising)

Die 2.000 Werke umfassende Sammlung des Johann Evangelist Ruedorffer bildete 1822 den Grundstock der Bibliothek des Metropolitankapitels. Erweitert wurde sie durch Dubletten aus der Königlichen Hofbibliothek sowie durch Vermächtnisse von Historikern, Domherren oder Dekanen. Die immer weiter anwachsende Sammlung sorgte für eine dezentrale Aufstellung der Bibliothek, die ihr vorläufiges Ende um 1866 fand. Doch das Ordinariatsgebäude, in das die Bibliothek gezogen war, brannte 1944 nieder und erst gut zehn Jahre später entstand in der Nähe des Promenandenplatzes ein Neubau, in den auch die schwer beschädigte Karmeliterkirche einbezogen wurde. Die Raumsituation blieb angespannt, bis das ebenfalls im Haus ansässige Archiv in die ehemalige Kirchengruft zog. Der barocke Lesesaal der Bibliothek, die in erster Linie „grundlegende Literatur zu allen Fragen des kirchlichen Lebens“ sammelt, befindet sich in der alten Sakristei der Kirche.

 

Bibliothek der Münchner Autorinnen und Autoren in der Monacensia (Foto: Fentriss (Wikipedia))

Dass die Münchner Stadtbibliothek nicht nur aus der Zentrale am Gasteig, den einzelnen Stadtteil- und Krankenhausbibliotheken sowie den Bücherbussen besteht, zeigt die Monacensia, die neben einigen anderen Spezialabteilungen und externen Einrichtungen heraussticht. Das „literarische Gedächtnis der Stadt“ befindet sich im Hildebrandhaus in Bogenhausen. Der Bildhauer und Kunsttheoretiker Adolf von Hildebrand lebte dort von 1847 bis 1921. Heute ist die Monacensia ein „lebendiger Ort der Forschung und Bildung“. In ihrem Archiv befinden sich Nachlässe von über 300 Persönlichkeiten, die eng mit München verbunden sind. Eine eigene Abteilung ist dem literarischen Werk des Schriftstellers und Nobelpreisträgers Thomas Mann sowie seiner Familie gewidmet.

 

Lesesaal und Freihandbibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (Foto: Zentralinstitut für Kunstgeschichte/Margit Behrens)

Das 1947 gegründete Zentralinstitut für Kunstgeschichte ist das einzige außeruniversitäre kunsthistorische Forschungsinstitut in der gesamten Bundesrepublik. Nur wenige Schritte vom Königsplatz entfernt findet der Besucher die gesamte Kunstgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart in einer der weltweit größten kunsthistorischen Spezialbibliotheken. Ein besonderer Schwerpunkt wird hier auf übergreifende Forschungsfragen gelegt. Vorträge, Ausstellungen oder Symposien dokumentieren die Arbeit des Instituts und sind auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Wo heute das Zentralinstitut für Kunstgeschichte steht, befand sich bis 1933 das Palais des jüdischen Mathematikprofessors Alfred Pringsheim, der gezwungen war, das Haus an die NSDAP zu verkaufen. Diese ließ es abreißen und an selber Stelle den Verwaltungsbau der Partei errichten.