Bayerische Geschichten 29/2022: 900 Jahre Kloster Beuerberg

Liebe Leserin, lieber Leser,

der opulent bebilderte Prachtband „1121“ erzählt die Geschichte des Klosters Beuerberg. Seit 900 Jahren thront es schon über der Loisach, hat über Jahrhunderte Land und Leute geprägt – nicht nur das anliegende Klosterdorf, sondern einen ganzen Kulturraum zwischen Starnberger See und Loisachtal. Reich illustriert und liebevoll gestaltet, veranschaulicht dieses Standardwerk die Bedeutung einer Klostergemeinschaft für Seelsorge und Wirtschaft, Kunst, Erziehung und Wissenschaft einer ganzen Region. Das Diözesanmuseum Freising hat das große Jubiläum zum Anlass genommen und den Augustiner-Chorherren, die 1121 nach „Puriberg“ kamen und hier bis zur Säkularisation 1803 wirkten, diesen Jubiläumsprachtband gewidmet.

Bestätigungsurkunde zur Gründung des Chorherrenstifts St. Peter und Paul in Beuerberg
Pergament, Bleisiegel von Papst Calixtus II.,
29 × 35 /43 cm, dat. 30. März 1121
BayHStA, Kloster Beuerberg Urkunden 1
(© Bayerisches Hauptstaatsarchiv)

Verglichen mit anderen bayerischen Klöstern – zum Beispiel Tegernsee oder Benediktbeuern – verfügt das Kloster Beuerberg über keine beeindruckende, prächtig ausgeschmückte Gründungslegende. Zwar findet sich auch in der Überlieferung Beuerbergs das obligatorische Wunder, jedoch ist der Bericht sprachlich wie inhaltlich erstaunlich dürftig. Das Wunder bestand nämlich schlicht darin, dass sich auf dem ursprünglich in Baierlach vorgesehenen Bauplatz für das Kloster, wo bereits große Mengen Material gelagert wurden, die Zimmerleute bei der Arbeit verletzten und Holzspäne mit Blut befleckten. Diese sollen dann von Vögeln an den von Gott erwählten Platz, also Beuerberg, getragen worden sein.

Kloster und Dorf Beuerberg um 1860, Aquarell
(© Diözesanmuseum Freising / Foto: Walter Bayer)

Die Schwäche der Beuerberger Überlieferung liegt in ihrem späten Datum begründet. Erst 1534 griff Simon Lusatius („der Lausitzer“) zur Feder, um die Geschichte des Klosters für die Nachwelt festzuhalten. Tatsächlich fehlt zwischen der Papsturkunde Calixtus‘ II. aus dem Jahr 1121, dem Gründungsjahr des Klosters, und der Chronik aus dem 16. Jahrhundert jegliches historiografische Zeugnis aus Beuerberg. Simon Lusatius standen also so gut wie keine Informationen zur Verfügung, auf denen er eine Gründungslegende hätte aufbauen können. Was ihn aber dazu bewog, ausgerechnet die eher banale und zu seiner Zeit schon recht abgegriffene Geschichte von den blutigen Holzspänen und den „Vögeln des Himmels“ zu wählen, bleibt sein Geheimnis.

Die ehemalige Stiftskirche Beuerberg
(© Diözesanmuseum Freising / Foto: Achim Bunz)

Die Frage bleibt, warum dem Kloster so lange eine richtige Gründungsgeschichte verwehrt wurde, war es doch für geistliche Institutionen überhaupt von großer Bedeutung, einen Nachweis über die „Heiligkeit“ ihres Ortes – sei es eine heilige Persönlichkeit als Gründer oder eine Wunderscheinung – vorweisen zu können. Die Krux liegt in Beuerbergs Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Chorherrenstiften, die von bayerischen Adelsfamilien als große Sühneleistung gegenüber dem Heiligen Stuhl gestiftet wurden. Der bayerische Adel hatte nämlich im Investiturstreit mehrheitlich auf der Seite König Heinrichs IV. gestanden. Als mit dem Wormser Konkordat die Streitigkeiten beigelegt wurden, folgte eine Welle an Gründungen von Familienklöstern, die alle päpstlich privilegiert wurden. In der Folge wurde die Stifter-Rolle der Adelsfamilien totgeschwiegen, allein die päpstlichen Privilegien sollten entscheidend für die Gründungstradition sein. Damit erklärt sich die doch sehr dünne und lückenhafte Überlieferung für Beuerberg.