Bayerische Geschichte(n), 26/2017: Heinrich Graf von Spreti – ein Monarchist im Dienste der Demokratie

Der Bezirksamtmann und sein Regent: Heinrich Graf von Spreti empfängt Prinzregent Luitpold in Berchtesgaden, 1907 (Fotos: Privatarchiv Familie von Spreti).

Liebe Leserin, lieber Leser,

am 1. Oktober 1923 wurde mit Heinrich Karl Ferdinand Maria Graf von Spreti einer der letzten Vertreter des bayerischen Beamtenadels zum Regierungspräsidenten von Schwaben und Neuburg berufen. Der hochdekorierte Beamte hatte schon früh enge Beziehungen zum bayerischen Königshaus geknüpft: Von 1905 bis 1909 war Spreti Bezirksamtmann in Berchtesgaden und verbrachte hier regelmäßig gemeinsame Abende bei Bier und Zigarre mit Prinzregent Luitpold. Später war es dann König Ludwig III., der sich als Förderer des Verwaltungsjuristen hervortat und diesen 1917 zu seinem Kabinettschef ernannte. Der Ausbruch der Revolution am 7. November 1918 läutete das Ende der bayerischen Monarchie und damit auch das Ende des Kabinettschefs Spreti ein.

Mit Ludwig III. in der Demokratie: das Dienstpalais in Augsburg mit der Büste und einem Porträt des Königs, undatiert

Stellvertretend für viele ehemalige Beamte der Wittelsbacher Monarchie arrangierte sich Heinrich von Spreti jedoch schnell mit den veränderten Gegebenheiten in der ungeliebten neuen Republik. Ein Aufgehen Bayerns in Deutschland sah er als bayerischer Patriot zwar überaus kritisch, er erfüllte aber auch weiterhin als treuer Staatsdiener seine Aufgaben. Seine immer noch tiefe Verbundenheit zum Hause Wittelsbach stellte der „Spitzenbeamte“ trotzdem zur Schau: In seinem Dienstpalais in Augsburg hing nicht nur ein Porträt Ludwigs III., sondern in einer Wandnische stand auch eine Büste des Monarchen. Einen Brief anlässlich der Gedächtnisfeiern zum zehnjährigen Todestag seines früheren Förderers unterzeichnete Spreti – nicht wirklich überraschend – mit „in alter Treue“.

Heinrich Graf von Spreti in Paradeuniform, undatiert

Heinrich von Spretis letztes Amtsjahr als Regierungspräsident war geprägt von großen politischen Umbrüchen. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten erfolgte in Bayern am 9. März 1933 und schon bald danach brachen Konflikte zwischen den neuen Machthabern und der Beamtenschaft auf. Wohl im Hinblick auf seinen baldigen Ruhestand versicherte Spreti der nationalsozialistischen Führung schließlich seine Loyalität – und dies obwohl er in den 1920er Jahren der NS-Bewegung nachweislich kritisch gegenübergestanden hatte. Als Graf von Spreti am 30. Juni 1933 aus Altersgründen aus dem Amt schied, hatte sich seine Sicht auf den Nationalsozialismus bereits deutlich verändert: Nun sprach auch er von einer „besseren Zukunft“ im „neuerwachten Deutschland“. An seinem Beispiel wird deutlich, dass die Machtübernahme der Nationalsozialisten auch in den alten bayerischen Beamten die Hoffnung auf einen nationalen Wiederaufstieg und eine Revision der Ergebnisse des Ersten Weltkriegs weckte.

In der Zeit der Beamtenregierungen des 19. Jahrhunderts waren Regierungspräsidenten in Bayern die mächtigsten Männer nach den Ministern: Sie repräsentierten den bayerischen Staat in den Regionen und sie waren die Chefs der Verwaltung ihrer „Kreise“, später Regierungsbezirke. Die Kreisregierung in Augsburg entstand 1817 als staatliche Mittelbehörde für den damaligen „Oberdonaukreis“, das heutige bayerische Schwaben. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums werden in „Verwaltungselite und Region. Die Regierungspräsidenten von Schwaben 1817 bis 2017“ die 23 bisherigen Regierungspräsidenten vorgestellt.