Bayerische Geschichten 24/2021: Landschaftsentwicklung und Umweltbelastungen in Bayerisch-Schwaben

Liebe Leserin, lieber Leser,
seit Tausenden von Jahren gestaltet der Mensch die Landschaft nach seinen Vorstellungen und Möglichkeiten: durch Siedlungen und Verkehrswege, zur Gewinnung von Rohstoffen und Baumaterialien, durch Landwirtschaft, zur Energiegewinnung. Die Eingriffe in Landschaft und Umwelt haben jedoch beträchtliche Folgen, die immer deutlicher zutage treten und heute auch in der breiten Öffentlichkeit auf deutliche Kritik stoßen. Der von Marita Krauss und Stefan Lindl herausgegebene Band „Landschaft – Umwelt – Identität“ geht dieser Entwicklung anhand von Beispielen aus Bayerisch-Schwaben und Augsburg nach. 

Für den Bau der Eisenbahnlinie von Augsburg nach Lindau wurde massiv in die Natur eingegriffen. Hier der Einschnitt in den Zwerenberg bei Harbatshofen, Ölbild von Karl Herrle, 1852 (Foto: DB Museum Nürnberg)

Von 1844 bis 1854 bedeutete der Bau der Teilstrecke Augsburg–Lindau der Ludwig-Süd-Nord-Bahn für Bayerisch-Schwaben einen in diesem Ausmaß bislang nicht gekannten Eingriff in die Naturlandschaft. Vor allem Gebirgslandschaften oder Gewässer stellten eine besondere Herausforderung dar und zogen Landschaftsveränderungen in Form von Tunneln, Terrassierungen, Stützen, Brücken und umfangreiche Erdarbeiten nach sich. Vor allem der Bau des Rentershofener Damms führte durch die Zweiteilung des gesamten Tals zu einem gravierenden Einschnitt in das Alltagsleben. Trotz dieser deutlichen Veränderungen und der damit einhergehenden Naturzerstörungen hielten sich kritische Stimmen damals noch in Grenzen.

Der 55 Meter hohe Berg, in dessen Inneren die Abfälle lagern, wird von den Bewohnern Gersthofens „Monte Scherbelino“ genannt und als Naherholungsgebiet genutzt (Foto: Nadja Hendriks).

Lange Zeit wurde auch die Müllentsorgung nicht als Problem betrachtet, zumindest solange noch genügend Platz für diese zur Verfügung stand. Auch in Gersthofen, nördlich an Augsburg angrenzend, fand sich scheinbar in den durch Kiesabbau entstandenen Baggerseen ein idealer Ort für die Müllablagerung. Da bei der Errichtung der Deponie in den Kiesgruben jedoch nicht auf eine richtige Abdichtung geachtet worden war, kam es schon bald zu massiven Umweltbeeinträchtigungen. Erst ein Mitte der 1980er Jahre im Stern erschienener Artikel brachte der „Problemdeponie“ überregionale Aufmerksamkeit. In der Folge wurde die Deponie Stück für Stück saniert und renaturiert. Seit 2016 ist sie offiziell begehbar und dient als Naherholungsgebiet.

Die bekannteste Gruppierung, die sich in den 1980er Jahren aufgrund des Waldsterbens gegründet hat, war „Robin Wood“. Die Organisation fiel mit radikalen und spektakulären, aber gewaltfreie Aktionen auf. Hier Besetzung von Schloss Neuschwanstein durch Aktivisten (Foto: Matthias Holzer)

Das Umweltthema Nr. 1 der 1980er Jahre war ohne Zweifel das Waldsterben. Angefacht durch eine breite Berichterstattung in den Medien, kam es in der Öffentlichkeit zu einer emotional hoch aufgeladenen Diskussion über die Zukunft des Waldes. In Augsburg hatten die neuartigen Waldschäden nicht nur die Bewohner, sondern auch die Verantwortlichen alarmiert, war die Stadt doch der zweitgrößte Waldbesitzer Deutschlands. Neben wirtschaftlichen Verlusten bedeutete das Waldsterben auch eine konkrete Gefahr für die Trinkwasserversorgung Augsburgs. Eine wichtige Aktion der dortigen Forstverwaltung war im Jahr 1983 die Errichtung eines Waldlehrpfades, der über die Ursachen und Auswirkungen der Schäden aufklären sollte. Obwohl das Absterben des Waldes nicht gestoppt wurde, wurden die Tafeln des Pfades im Jahr 2000 wegen der gestiegenen Unterhaltungskosten abgebaut.