Bayerische Geschichte(n), 16/2016: Vielfalt im Bayerischen Wald

In einem Nebenraum der Einsiedelei-Kapelle finden sich zahlreiche Votivgaben in Form von aus Holz geschnitzten Händen, Füßen und Beinen. (Fotos: Werner Schäfer)
In einem Nebenraum der Einsiedelei-Kapelle finden sich zahlreiche Votivgaben in Form von aus Holz geschnitzten Händen, Füßen und Beinen. (Fotos: Werner Schäfer)

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Bayerische Wald ist vor allem bekannt für seine Naturlandschaft. Dabei wird häufig vergessen, dass er auch eine über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft ist. So birgt er neben Burgen und Schlössern, Kirchen und Klöstern, Museen und Erlebnisorten, auch urige Gasthäuser, Brauereien, altes Handwerk. Einen alten Brauch kann man in St. Hermann in Bischofsmais begegnen. Den Besucher erwartet beim Betreten der sogenannten Hermannszelle, die heute Teil der Wallfahrtsstätte St. Hermann ist und direkt auf die ursprüngliche Gründung des gleichnamigen Laienbruders aus Niederalteich aus dem Jahr 1320 zurückgehen soll, ein geradezu kurioser Anblick. An der Rückwand der Kammer stapeln sich hölzerne Hände und Füße bis unter die Decke. Angesichts der unheimlich anmutenden Extremitäten aus Holz mag man Schlimmes vermuten, jedoch handelt es sich bei den hölzernen Kunstwerken um Votivgaben, die aus Dank für die Heilung des jeweiligen Körperteils zurückgelassen wurden. Jede Schnitzerei steht somit für einen glücklichen Wallfahrer.

Altarchor und Hochaltar der Herz-Jesu-Kirche in Ludwigsthal (Foto: Werner Schäfer)
Altarchor und Hochaltar der Herz-Jesu-Kirche in Ludwigsthal (Foto: Werner Schäfer)

Ebenfalls Einzigartiges erwartet den Besucher im Inneren der Pfarrkirche Herz Jesu in Ludwigsthal. In der Dunkelheit der Kirchenräume verbreiten die bunten Malereien des bekannten Münchner Malers Franz Xaver Hofstötter und seines Mitarbeiters Eugen Hasenfratz eine besondere mystische Farbstimmung. Besonders deutlich ist diese Stimmung im Chorraum auszumachen, in dem die schmuckvollen goldenen Ornamente, die in ihrer Ausarbeitung den Linien der Architektur folgen, vor dem blauen Hintergrund regelrecht zu glühen scheinen. Die Besonderheit dieser Ausstattung veranlasste den Passauer Bischof Antonius von Henle 1902 zur Auszeichnung des Gotteshauses als „eine Perle“ der Diözese.

Das Konzerthaus in Blaibach (Foto: Werner Schäfer)
Das Konzerthaus in Blaibach (Foto: Werner Schäfer)

Eine Perle ist auch das 2014 eröffnete Konzerthaus der kleinen Gemeinde Blaibach. Nachdem der 2000-Seelen-Ort viele Jahre mit schlecht gefüllten Kassen, sinkenden Gästezahlen, vielen Leerständen und einem verwaisten Orstkern zu kämpfen hatte, fasste man den Plan zum Bau dieser Kulturstätte, die der Region zu neuem Aufschwung verhelfen sollte. Der Münchner Architekt Peter Haimerl, der für kühne Entwürfe bekannt ist, erwies sich auch in diesem Fall als Visionär ungewöhnlicher Bauideen. Noch nie hatte Blaibach einen solchen Medienrummel erlebt wie bei der Eröffnung des Saals am 12. September 2014. Wie ein futuristischer Kubus ragt der Bau seitdem in der Mitte des Ortes aus dem Boden. Im Innern sorgt der Einsatz des noch recht unerprobten Baustoffes Glasbeton für eine optimale Akustik. Das New Yorker „The Fashion Plate Magazin“ reihte das Konzerthaus unter die zehn aufregendsten weltweit.

Der Historiker Werner Schäfer rückt in seinem neuen Buch „Unbekannter Bayerischer Wald. Von Wallfahrern, Wirtshäusern und vom Waldlerleben“ jene Sehenswürdigkeiten der Region in den Fokus, die nicht immer die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen.