Bayerische Geschichte(n), 11/2017: Freising in alten Fotografien

Protest
Die Protestversammlung gegen den Entwurf des Versailler Friedensvertrags auf dem Freisinger Marienplatz (Foto: Stadtarchiv Freising, Postkartensammlung)

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sonntag, 18. Mai 1919: Der Bürgermeister der Stadt Freising, Stephan Bierner, steht auf der Terrasse des Laubenbräus und spricht sich gegen den Entwurf des Versailler Friedensvertrags aus. Auf dem Freisinger Marienplatz vor ihm haben sich, wie es scheint, alle Bürger und vereinzelt auch Bürgerinnen der Stadt zur Protestversammlung zusammengefunden. Die Empörung ist greifbar, es gilt, seinen Unmut gegen den drohenden „Gewaltfrieden“ kundzutun, denn dieser beinhaltet nicht nur erhebliche Gebietsabtretungen Deutschlands, sondern auch hohe Reparationsforderungen und die Zuweisung der alleinigen Kriegsschuld an das geschlagene Deutschland. Der Fotograf Josef Hofmann hält den Protest in Freising für das Freisinger Tagblatt fest.

Luftbild Freising
Die Luftaufnahme, die Freising im Jahr 1916 zeigt, wurde aus südöstlicher Richtung aufgenommen (Foto Stadtarchiv Freising, Fotosammlung).

Ganz neue Perspektiven für die Fotografie ermöglichte das Fliegen – und das Militär war in dieser Disziplin federführend. 1912 wurde die erste „Fliegerkompanie“ gegründet, die zuerst auf dem Oberwiesenfeld bei München, bald aber schon in Oberschleißheim untergebracht war. Ihr besonderer Auftrag war die fotografische Erfassung aus der Luft, der 1916 sogar eine eigene „Beobachterschule“ gewidmet wurde. Mutige Pioniere stiegen in ihre frühen Flieger-Konstruktionen aus Holz, Stoff und Drahtseil und starteten zu Übungsflügen im Raum zwischen Augsburg und Landshut. Auch dieses Luftbild von Freising entstand auf einem solchen Übungsflug: Zum ersten Mal bot sich der Blick auf die bebauten Flächen: Mittig sind der historische Stadtkern und der Domberg zu sehen. Links im Bild beginnt die Vorstadt an der Vöttingerstraße, während man im Norden das entstehende Villenviertel erkennen kann. Im vorderen Teil des Bildes zieht, parallel zur Isar, die Eisenbahnlinie von München nach Regensburg durchs Land.

Feuerwehr Freising
Die Großübung der Freisinger Feuerwehr anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens bescherte dem Fotografen ein seltenes Spektakel (Foto: Archiv der Freiwilligen Feuerwehr Freising, Fotosammlung).

Ein unbekannter Fotograf hielt im Jahr 1913 ein besonderes Spektakel auf Zelluloid fest: Die Freisinger Feuerwehr feierte ihr 50-jähriges Bestehen. Ein mehrere Tage umfassendes Festprogramm wurde auf die Beine gestellt, wobei die Feuerwehr bei verschiedenen Gelegenheiten ihr Können zeigte. Eine der Schauübungen fand in der Oberen Hauptstraße statt: Die Präsentation der Feuerwehrleitern wirkt auch auf den heutigen Betrachter noch beeindruckend. In Freising war man 1913 auf dem neuesten Stand der Technik, wie die Feuerwehrmänner auf den einzelnen Leitern demonstrieren. Die ausgefahrenen Leitern mussten allerdings noch mit Stangen gestützt werden, weitere Mitglieder der Feuerwehr fixierten auch die Wägen.

Ab 1900 herrschte Aufbruchstimmung in Freising: Die Stadt wuchs deutlich über ihre Grenzen hinaus, zunehmender Wohlstand ließ das neue „Villenviertel“ entstehen, Kirche und Staat investierten kräftig in ihre Lehreinrichtungen und auch der Garnisonsstandort Freising wurde gestärkt. Der Stadthistoriker und Leiter des Freisinger Stadtarchivs Florian Notter widmet dieser beeindruckenden Zeit den Bildband „Aufbruch und Umbruch – Freising in Fotografien der Jahre 1900 bis 1920“: 80 exklusive historische Fotografien zeigen, wie aus den prägenden Jahren des jungen 20. Jahrhunderts eine neue Stadt hervorging.