Bayerische Geschichten 10/2021: Faszination Limes

Liebe Leserinnen und Leser,

bis heute üben die erhaltenen Reste des Limes eine große Faszination aus. Den Schwerpunkt des nun vorliegenden Bandes 22 der Schriftenreihe des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bilden bisher unveröffentlichte Manuskripte des Streckenkommissars Wilhelm Kohl aus Weißenburg. Dessen Ausgrabungsdokumentationen im Auftrag der Reichs-Limeskommission werden nun erstmals öffentlich zugänglich gemacht, ergänzt durch aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen nicht nur aus Bayern. Mit großzügigen, zum Teil farbigen Abbildungen und Skizzen.

In den zuletzt erschienenen Abhandlungen über die römische Reichsgrenze wird eine einheitliche Palisade postuliert – würde dies zutreffen, so hätten die Römer „ein hölzernes Annäherungshindernis mit uniformem Erscheinungsbild über eine Länge von ungefähr 500 km“ errichtet. Dass der archäologische Befund dieser Ansicht widerspricht oder sie zumindest in Frage stellt, zeigt das bisher unveröffentlichte handschriftliche Manuskript des Streckenkommissars Wilhelm Kohl. Und während die Limesmauer nur spärlich mit Bildern dokumentiert ist, hat Kohl die entdeckten Palisadenreste sowohl zeichnerisch als auch fotografisch festgehalten. Von besonderer Bedeutung ist Kohls Bestandsaufnahme nachvollziehbarer Pfahl-Zwischenräume, denn diese nimmt einen entscheidenden Stellenwert für die bildliche Rekonstruktion des möglichen Aussehens der Pfahlreihe ein.

Der konkrete Verlauf des Obergermanisch-Raetischen Limes ist größtenteils bekannt – und im Wesentlichen den intensiven Vermessungs- und Ausgrabungsarbeiten der durch die Römische Reichslimeskommission seit 1892 eingesetzten Streckenkommissare zu verdanken. Fotos, Zeichnungen und Berichte Wilhelm Kohls sowie der von ihm belegte Limesverlauf wurden 1930 veröffentlicht. Der Beitrag zur geophysikalischen Prospektion am Limes in der Wörnitz- und Sulzachaue im Landkreis Ansbach versucht durch die Auswertung der Ergebnisse einer Magnetometermessung die Annahmen Kohls zu bestätigen. Die Messung ergab neue Informationen über mögliche Limesverläufe, die sich allerdings nicht mit den bisher überlieferten bzw. vermuteten Strecken der Limesmauer und der Limespalisade decken.

Dass den Aufzeichnungen des Streckenkommissars Kohl eine große Bedeutung zukommt, zeigen auch die weiteren Beiträge des vorliegenden Bandes der Schriftenreihe, denn immer wieder beziehen sich die Autorinnen und Autoren auf die von ihm zusammengetragenen Ergebnisse. Zusammen mit der Auswertung der Bände zum Obergermanisch-Raetischen Limes wird gezeigt, dass die Limespalisade „keineswegs ein einheitliches Bild abgegeben hat.“ Die Nutzung unterschiedlicher Holzarten selbst auf einzelnen Abschnitten spricht dafür, dass es der „römischen Administration nicht auf ein einheitliches Erscheinungsbild der festen Grenzlinie ankam.“