Bayerische Geschichte(n), 10/2019: Wilde Wasser, verwunschene Moore und steile Gipfel

Ein bisserl Kraxelei ist beim Aufstieg zum Leonhardstein schon dabei (alle Fotos: Ursula Weber/Alexander Voss).

Liebe Leserin, lieber Leser,

der markante Leonhardstein gehört mit seinen 1.452 Metern zwar nicht zu den höchsten Gipfeln der Tegernseer Berge, ein wenig sportlich sollte man für den Aufstieg aber schon sein. Belohnt wird die Anstrengung mit einem atemberaubenden Blick über das Weißachtal, weit ins Karwendel und hinüber zum Isarwinkel. Abenteurer kommen bei dieser anspruchsvollen Tour mit knapp über drei Stunden Gehzeit und 637 zu erklimmenden Höhenmetern voll auf ihre Kosten – und abenteuerlich ist auch die Sage vom kühnen Sprung des Wilderers Lampl, die man am besten direkt unterm Gipfelkreuz liest: Eines Tages war ein halbes Bataillon von Jägern und Förstern dem Lampl auf den Fersen. Bis auf den Gipfel des Leonhardstein, an den Rand eines schroffen Felsabsturzes verfolgten sie ihn – kein Ausweg mehr, was tun? Ob der Lampl wieder heil heruntergekommen ist, wird hier natürlich nicht verraten. Nur so viel: Wer weiter auf den Spuren des berühmten Wilderers wandern will, kann sein Grab auf dem Gmunder Friedhof besuchen, wo ein Taferl an Johann „Lampl“ Burger erinnert.

Liegt wie vom Himmel gefallen inmitten des Moors: die Kirche St. Johann.

An den Namen des Helds einer weiteren Sage kann sich heute niemand mehr erinnern, dabei hatte dieser es nicht nur mit der oberbayerischen Staatsgewalt zu tun, sondern mit der unheimlichen Nebelfrau, die im Loisachmoor ihr Unwesen treiben soll. Von Kochel aus musste der Mann eines Abends nach Hause durchs Moor. Allmählich wurde es dunkel und mit jedem Schritt woben feine, helle Schleier immer dichter ihr Netz um ihn. Leise hörte er das Lachen der Nebelfrau, die Spaß an ihrem heimtückischen Spiel hatte, und war drauf und dran, verloren und kraftlos ins Moor zu stürzen … Das kann auf unserer gerade für Kinder spannenden Tour durchs Loisach-Kochelsee-Moor natürlich nicht passieren! Die angenehme, leichte Runde mit ca. 2 ½ Stunden Gehzeit führt uns sicher zum Riederner Weiher, durch Büsche und Auenwälder voller brütender Vögel, in den Dschungel des Loisachufers mit Biberburgen und leuchtenden Blumen bis zum Biergarten des urigen Gasthofs Schönmühl.

Eine willkommene Abkühlung an heißen Sommertagen: die Partnachklamm mit ihren geheimnisvollen Stollen.

Wem ein kühles Plätzchen im Biergarten dieser Tage zur Erfrischung nicht ausreicht, dem sei ein Ausflug in die Partnachklamm bei Garmisch-Partenkirchen empfohlen. Ein sinnenreiches Erlebnis besonderer Art: Da rauscht und tobt es, Wasser tropft von oben herab und spritzt von unten herauf und verwunschene Gänge verschwinden in roh behauenen Felswänden. Trumpf ist auf dieser Tour ein möglichst früher Start, um den Besucheransturm zu vermeiden. Mit einem geschickt gewählten Weg klappt das gut: Nach dem Labyrinth der Felsengänge führt ein kleiner Pfad in mittlerer Schwierigkeit hinauf zu den sonnenüberfluteten Almen auf dem Graseck. Ein Highlight ist die „Eiserne Brücke“ schwindelerregende 68 Meter über der Partnach. Von hier oben wirkt der Gebirgsbach fast zahm. Welche Gewalt er aber nach einem Gewitter entwickeln kann, das musste einst ein junger Hirte namens Matthias erfahren. Ohne die Hilfe des Wettersteinmanndls, des guten Geists der Klamm, wäre es mit ihm wohl aus gewesen …

Was gibt es Schöneres, als in der Natur unterwegs zu sein? 15 herrliche Touren vom Werdenfelser Land bis zum Wendelstein stecken in unserem neuen Wanderführer für Groß und Klein, für Rucksack und Hosentasche – und „Wandern auf märchenhaften Pfaden“ hält eine Besonderheit bereit: 30 Märchen und Sagen, die von der fantastischen Vergangenheit und den Traditionen Oberbayerns erzählen, passend zu jeder Tour ausgewählt und verortet.