Bayerische Geschichten 07/2022: Flanieren durch Nymphenburg

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer wünscht es sich nicht: ein Sommerhaus mit Garten, ein Ort der Ruhe, an dem man den Alltagstress vergessen kann? Eines der wohl luxuriösesten Sommerhäuser aller Zeiten war lange allein den bayerischen Herrschern vorbehalten. Was für ein Glück, dass Schloss Nymphenburg samt seinem weitläufigen Park heute allen Gästen auf der Suche nach Ruhe und Erholung offensteht.
Unser neuer München-Mini nimmt Sie mit auf einen Spaziergang durch die prachtvolle Anlage. Die Autorin, Historikerin und Stadtführerin Susanne Herleth-Krentz, kennt jeden versteckten Weg und Winkel des Parks und entwirft eine reizvolle Tour ausgehend vom Schlossrondell vorbei an erfrischenden Wasserspielen bis zum Blütenmeer des Botanischen Gartens. Genießen Sie Natur und Kultur in majestätischem Einklang und lassen Sie die Seele baumeln!

Schloss Nymphenburg von der Parkseite aus: zentral der kubische Mittelpavillon. (Tourismusamt München, Foto: J. Lutz)

Alles begann mit einem fürstlichen Geschenk: Zur Geburt seines Sohnes und Thronfolgers Max Emanuel schenkte Kurfürst Ferdinand Maria seiner Gattin Henriette Adelaide große Ländereien vor den Toren Münchens. Worauf die aus Italien stammende Kurfürstin umgehend einen italienischen Meister mit dem Bau eines Landhauses beauftrage. Ein Jahr später lud „borgo delle ninfe“ (Nymphenburg), heute der fünfgeschossige Mittelpavillon und Hauptattraktion des Schlosses, zu Ausflügen ins Grüne ein. Das neue Sommerschloss war mit seinem lichtdurchfluteten, über drei Geschosse reichenden Steinernen Saal ideal für eine Auszeit mit prunkvollen Festen und Empfängen. Erst nach dem Tod seiner Eltern begann Max Emanuel mit der Erweiterung von Nymphenburg, inspiriert durch niederländische Schlösser, und verlieh dem Bau seine heutige Größe.

Kleopatra lässt grüßen: Dem Wasser im Becken der Badenburg konnte zu kurfürstlichen Zeiten durch einen eigenen Hahn Milch beigemischt werden. (Foto: Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung)

In der gewaltigen Parkanlage warten neben dem eigentlichen Schloss noch mehr Bauwerke darauf, entdeckt zu werden. Auf einem idyllischen Weg über eine Kanalbrücke nahe der zauberhaften Amalienburg gelangt man beispielsweise zur Badenburg, dem fürstlichen Prunkbad am Ufer des Badenburger Sees. Kurfürst Max Emanuel hatte auf Kriegszügen die osmanische Badekultur kennen und lieben gelernt, worauf sein Baumeister Joseph Effner für ihn chinesische Motive mit einem türkischen Bad zu spektakulärer Barockarchitektur verband. Im zweigeschossigen Badesaal plantschten unten Mitglieder des Hofes im ersten beheizbaren Hallenbad Europas, während oben auf der umlaufenden Galerie Besucher das Vergnügen beobachten konnten. Die Münchner vermuteten übrigens zu Unrecht die wildesten Ausschweifungen – man bedeckte sich im Bad mit züchtigen baumwollenen Leibchen.

Botanischer Garten im Frühjahr mit Blick auf das Botanische Institut (Wikimedia Commons, Foto: Rufus)

Verlässt man den Park durch das kleine Magdalenentor, sind es nur ein paar Schritte zum Eingang des Neuen Botanischen Gartens. Ursprünglich war auf Wunsch von Bayernkönig Max I. und nach Plänen Friedrich Ludwig von Sckells der erste Botanische Garten Münchens – heute der „Alte“ – unweit des Hauptbahnhofs angelegt worden. Gut hundert Jahre später verlangte die rasante Entwicklung der Stadt eine Verlegung an einen geeigneteren Ort außerhalb des Zentrums. Der Neue Botanische Garten zog auf das 21 ha große Gelände nördlich des Schlossparks und wurde dort am 10. Mai 1914 von König Ludwig III. eingeweiht. Botanisches Institut, Rhododendronhain, Rosengarten, Schmuckhof, Achteck-Pavillion, Alpinum mit Teich … Durch das Genie des damaligen Direktors Karl Eberhard von Goebel wurde der Botanische Garten zu einem Gartenkunstwerk, das heute noch seinesgleichen sucht.