Bayerische Geschichte(n), 01/2014: Der Bauer sticht den König

Georg Eisenberger (1863-1945), Vorsitzender des Bayerischen Bauernbundes, um 1905.
Georg Eisenberger (1863-1945), Vorsitzender des Bayerischen Bauernbundes, um 1905.

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Sie sorgen, Herr Abgeordneter, dass ihre Kollegen in der Königsfrage fest bleiben“, lautete der denkwürdige Satz des bayerischen Finanzministers Georg von Breunig an den Hutzenauerbauern von Ruhpolding, respektive Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden des Bayerischen Bauernbundes Georg Eisenberger, im Herbst 1913. Die Königsfrage, das war die parlamentarische Abstimmung zur Erhebung des Prinzregenten Ludwig zum König, nachdem sein Vater Luitpold verstorben und der eigentliche König Otto (der Bruder des unglückseligen Ludwig II.) geistig verwirrt und demnach regierungsuntauglich war. „Wir Bauernbündler“, so Eisenberger in seinen Memoiren, „sagten uns, Ludwig werde diesmal König von Bauernbundsgnaden.“

Grimmige Gestalten: Versammlung des Bauernbundes, unter ihnen Georg Eisenberger (3. v. l., sitzend)
Grimmige Gestalten: Versammlung des Bauernbundes, unter ihnen Georg Eisenberger (3. v. l., sitzend)

Die Sprengkraft dieses Satzes wenige Jahre vor der Abschaffung der Monarchie passt so ganz zum Selbstbewusstsein der rebellischen Protestbewegung, die Eisenberger mit verkörperte. Entschieden wetterte der Hutzenauerbauer gegen Adel und Klerus und versuchte als Abgeordneter seiner Agrarpartei, die Rechte der Bauern in Land- und Reichstag politisch durchzusetzen. Über 40 Jahre war Georg Eisenberger an den Geschicken des Bayerischen Bauernbundes maßgeblich beteiligt. Seine Popularität veranlasste Ludwig Thoma dazu, ihm in seinem Roman „Andreas Vöst“ ein literarisches Denkmal zu setzen.

Heuernte auf dem Hutzenauerhof, Juni/Juli 1924
Heuernte auf dem Hutzenauerhof, Juni/Juli 1924

Und ganz nebenbei war Eisenberger noch Bauer in Ruhpolding und bewirtschaftete den Hof im Weiler Hutzenau mit seiner Familie im Vollerwerb. Ein stolzer Bub soll er gewesen sein, denn – wie es in einer zeitgenössischen Zeitung heißt – sein „Großvater war noch Grundholde […] und hatte keine persönlichen Freiheiten.“ Der junge Georg war also nun in zweiter Generation freier Bauer, obwohl er eigentlich lieber in die Stadt zum Studieren gegangen wär. Doch das entbehrungsreiche Leben der Bergbauern wollte es, dass er vorerst daheim auf dem Hof blieb und statt Theologie zu studieren die ehrbare Maria Dagn heiratete.

Georg Eisenberger vor dem Landtagsgebäude in München, 1913
Georg Eisenberger vor dem Landtagsgebäude in München, 1913

Kaum einer hätte wohl geglaubt, dass der Bauernbub einmal zu den Königsmachern von 1913 gehören sollte. Als Ludwig III. am 12. November 1913 feierlich den bayerischen Thron bestieg, erschien Georg Eisenberger auf Drängen seiner Mitstreiter zu diesem besonderen Anlass einmal nicht wie sonst üblich in Tracht, sondern im schwarzen Bürgersfrack mit Zylinder. Der König zeigte sich enttäuscht: „Herr Abgeordneter, es wäre mir lieber gewesen, Sie wären heute auch in Ihrer Gebirgstracht erschienen!“ Diese Bemerkung verhagelte dem Hutzenauerbauern für einen ganzen Tag seine gute Laune.

Der Historiker und Politikwissenschaftler Johann Kirchinger gibt mit seinem Buch „Georg Eisenberger. Mein Leben für die Bauern“ im Volk Verlag die Lebenserinnerungen des Hutzenauerbauern in Neuauflage heraus. Den Leser erwartet ein Zeitgemälde, bevölkert von rebellischen Bauern, geifernden Pfarrern und rechtbeugenden Bürokraten – eine spannende Reise in die Prinzregentenzeit, wo sie nicht kunstsinnig und glänzend war, sondern voll grober und derber Kraft.