Rauhnächte und Neujahr

Liebe Leserin, lieber Leser,
ein wahrlich außergewöhnliches Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Grund genug, einen Blick auf das neue Jahr zu richten. Für uns bietet sich an dieser Stelle auch die Gelegenheit, uns bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit zu bedanken. Wir wünschen Ihnen einen guten Rutsch in das Neue Jahr, das sich erst noch beweisen muss, ob es hält, was von ihm erwartet wird. Bleiben Sie bitte gesund!

Mondsichelmadonna aus der Schule des Lukas Cranach, Schloss Johannisburg, Aschaffenburg. (Archiv Gerald Huber)

Das Hochfest der Gottesmutter Maria fällt zu Recht auf den Neujahrstag, mit dem die heutige bürgerliche Gesellschaft einen neuen Kalender beginnt. Die Kalenden waren bei den Römern der erste Tag oder die ersten Tage eines Monats, von denen selbstverständlich der erste Tag des Januars als Neujahrstag der wichtigste war. Der Begriff hängt zusammen mit griechisch kalein und lateinisch calare (= rufen).  Die Mondgöttin Luna (wörtlich: leuchtend, prächtig) sollte durch den Ruf calo te, calo te (= ich rufe dich, ich rufe dich) verpflichtet werden, wiederzukommen. Nördlich der Alpen entsprechen der leuchtenden Mondgöttin die keltische Brigida/Perchta beziehungsweise die germanische Frau Holle. Auch in deren Namen stecken beide Bedeutungsseiten – das Strahlende Helle genauso wie das (im Schatten) Verborgene. Im alemannischen Raum wird am Tag nach Neujahr der Berchtoldstag gefeiert. Auch in diesem Namen verbergen sich Perchta und Holle/Holda. Ebenso ist eine andere Deutung möglich: am Berchtoldstag werden die Perchten hold, sprich: die Rauhnächte sind vorbei, die Geister in die Unterwelt zurückgekehrt.

Aus: 12000 Jahre Weihnachten. Gerald Huber beschäftigt sich hier bildgewaltig und wortgewandt mit der winterlichen Fest- und Feierzeit zwischen Allerheiligen und Fastnacht.

Perchtenläufe gehören zum bayerischen Brauchtum. Sie beginnen am 1. Dezember und enden am 6. Januar. Ihren Höhepunkt haben sie in den Rauhnächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigsfest. Auch im oberbayerischen Kirchseeon gibt es diese Tradition. Erst sind sie nur zu hören. Trommelschläge dringen gedämpft aus dem Nichts, Kuhglockenscheppern, Menschenschreie. Langsam nähert sich der Lärm und dann sind sie plötzlich da: zottelige Gestalten mit Fackeln in den Händen. Sie tragen Holzmasken, klappern mit langen roten Schnäbeln, Trommelschläge hallen zwischen den Häusern, im Schein der Fackeln blitzen Pentagramme. Die Perchten ziehen durchs Dorf. Vier verschiedene Wesen gibt es in Kirchseeon: die über zwei Meter hohen „Schnadernschlenzer“ mit langen Holzschnäbeln, die „Holzmandl“, die durch das umliegende Holzland inspiriert sind, die schaurig-schön tanzenden Klaubauf und die „Schönperchten“, die den Lauf anführen und für die Musik zuständig sind. Mystisch wirkt das alles und tatsächlich vermischt sich das Vorchristliche mit dem Christlichen. Diesmal müssen die Perchten jedoch zuhause bleiben.

Mehr dazu in: Bayern genießen – Feste

Obwohl die Menschen unserer Zeit für die Rauhnächte kaum noch Verständnis haben, geistert der Begriff in den dunklen Tagen zwischen den Jahren noch durch manche Köpfe. Die Rauhnächte werden auch „Zwölften“ (nach dieser Rechnung gelten die Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönig als Rauhnächte) oder „Rauchnächte“ (am Vorabend des Dreikönigstags, der schlimmsten der vier Rauchnächte, werden alle Räume in Haus und Hof „ausgeräuchert“) genannt. Die oft kalten und stürmischen Tage und langen, dunklen Nächte rund um Weihnachten flößten den Menschen schon immer Angst ein. An besonders rauhen Tagen, an denen die Winterstürme ums Haus fegten, glaubte man, dass die „Wilde Jagd“ mit der „Hoabagoaß“, bösen Geistern und Dämonen unterwegs sei. Um den bösen Wesen zu entgehen, musste vieles beachtet werden, so durfte zum Beispiel keine weiße Wäsche aufgehängt werden. „Zwischen den Jahren“ sollte alle Arbeit ruhen, also nur das Allernötigste getan werden. Mit dem Dreikönigstag am 6. Januar enden die Rauhnächte.

Mehr dazu in: Bayerisches Hausbuch der Bräuche und Feste

Nach Dreikönig mussten die Männer wieder hinaus. Eine beschwerliche Arbeit war das „Eisen“, also Eisschollen aus den Weihern hacken, um sie in die Eiskeller zu bringen. Die Hauptarbeit führte jedoch in den Wald hinaus, wo sie schwere Holzarbeiten verrichteten. Bäume wurden gefällt, entrindet und von Ästen befreit. Eine mühselige Arbeit, vor allem, weil man nur mit Axt und schwerer Doppelsäge hantierte. Dazu kam der mühselige Abtransport mit Schlitten oder Fuhrwerken, der mitunter auch abenteuerlich werden konnte. Vor allem bei Frost und klirrender Kälte brauchten die Mannsbilder eine gute „Grundlage“ wie etwa eine Buttermilchsuppn.

Mehr dazu in : Was hamma g´essn?