Christbaum oder Paradeisl?

Kuenstlerchristbaum
Der München Künstlerchristbaum aus dem Jahr 1843 auf einer Radierung von Eugen Napoleon Neureuther zeigt den Künstler mit neun seiner Kollegen von der Münchner Akademie beim Schmücken eines Christbaums – einem zu dieser Zeit noch „neumodischen“ Brauch in Bayern.

Nichts symbolisiert Weihnachten so sehr wie der bunt geschmückte und mit Kerzen bestückte Tannenbaum. Man könnte also meinen, mit dem Aufstellen eines Christbaums folgt man einer uralten Tradition. Tatsächlich aber ist dieser Brauch in Bayern seit gerade erst einmal 200 Jahren heimisch. Wahrscheinlich haben ihn die protestantischen Königinnen Caroline und Therese eingeführt. Am Münchner Hof wurde Anfang des 19. Jahrhunderts für jedes Familienmitglied ein eigener geschmückter Gabenbaum aufgestellt. Vom Adel übernahm dann zunächst das städtische Bürgertum diesen neuartigen Brauch. Auch der Adventskranz ist eine ursprünglich protestantische Erfindung, die erst nach und nach im katholischen Bayern Einzug hielt. Auf dem Land war es jedoch noch lange überall in Bayern üblich, die weihnachtliche Stube mit einem Pardeisl zu schmücken, einem Gebilde aus vier roten Äpfeln, die mit sechs, oftmals kunstvoll verzierten, Holzstäben zu einer Pyramide verbunden wurden. Auf jeden Apfel steckte man eine Kerze, meist drei rote und eine rosafarbene in den Apfel auf der Pyramidenspitze, die dann am dritten Adventssonntag Gaudete (Freuet Euch) entzündet wurde. Das Paradeisl wurde meist mit Tannengrün oder Buchs und Walnüssen auf einem Teller arrangiert.

Am heutigen 16. Dezember führt „Der Münchner Adventskalender“ auf den Odeonsplatz, wo einer der ältesten Christbaummärkte der Stadt stattfindet. Die beiden Kunsthistorikerinnen und erfahrenen Stadtführerinnen Angelika Dreyer und Martina Sepp haben die schönsten Adventsbräuche zu 24 Kalendergeschichten zusammengestellt und geben Anregungen, wie man sie in unserer Zeit wieder aufleben lassen kann.