Bayerische Geschichte(n) 16/2011: Die Geburtsstunde des Englischen Gartens

Bayerns Kurfürst Karl Theodor plante zuerst Militärgärten nordöstlich des Hofgartens in München und entschied sich dann nach Ausbruch der Französischen Revolution 1789 zusätzlich für einen „Volksgarten“ - die Geburtsstunde des Englischen Gartens.

Liebe Leserin, lieber Leser,

Militärgärten waren im späten 18. Jahrhundert ein beliebtes Mittel, mit dem die Fürsten die Versorgung ihrer Truppen in Friedenszeiten verbessern wollten. Der bayerische Erbfolgekrieg lag erst zehn Jahre zurück, da entschied Kurfürst Karl Theodor von Pfalz-Bayern am 21. Februar 1789, vor den Toren der Stadt im Nordosten Parzellen anlegen zu lassen. Dort sollten die Soldaten der Münchner Garnison landwirtschaftliches Grundwissen erwerben, etwa in einer Baumschule und einer „Schweizerey“, also einem Gutshof mit Milch- und Viehwirtschaft.

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Auf der Schönfeldwiese, wo einst die Militärgärten angelegt wurden, befindet sich heute das Reiteroval und eine von zwei offiziell ausgewiesenen FKK-Flächen. Nicht weit davon bietet der MilchHäusl-Kiosk ganzjährig seinen Bio-Imbiss.

Vermutlich bestand schon damals die Absicht, neben den Militärgärten auch einen öffentlichen Volksgarten einzurichten. Die revolutionären Ereignisse des Sommers 1789 in Frankreich beschleunigten diesen Plan. Nur knapp vier Wochen nach dem Sturm auf die Bastille nahm Karl Theodor auch seine Münchner Untertanen ins Visier. Er beauftragte Sir Benjamin Thompson, den späteren Grafen von Rumford, die „Anlegung eines allgemeinen englischen Gartens … zur allgemeinen Ergötzung für Dero Residenzstadt München herstellen zu lassen, und diese schönste Anlage der Natur dem Publikum in ihren Erholungs-Stunden nicht länger vorzuenthalten“. Als Gelände dafür wurde der Hirschanger vorgesehen, ein herrschaftliches Jagdgebiet in den Isarauen, östlich der Militärgärten.

Das Denkmal am Ufer des Kleinhesseloher Sees erinnert an den Architekten Friedrich Ludwig von Sckell. Es wurde in seinem Todesjahr 1823 von Leo von Klenze entworfen und bis 1824 umgesetzt. Heute steht an der Stelle ein Nachbau des Jahres 1939.

Der Garten wurde in dem damals modernen englischen, naturnahen Stil geplant, mit elf Brücken als Muster verschiedener Bauarten. Schon in dieser Phase wurde der Gartenbauer Friedrich Ludwig von Sckell aus Karl Theodors badischer Heimat Schwetzingen als Berater engagiert. Die Bauarbeiten schritten unter Thompsons Leitung rasch voran, sodass bereits im Frühjahr 1792 der „Theodors Park“ mit seinen Bauten für die damals rund 40.000 Münchner Bürger freigegeben wurde.

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Ursprünglich war nahe der Martiusbrücke 1793 ein Amphitheater angelegt worden. Es geriet in Vergessenheit, verfiel und wurde 1985 originalgetreu im Nordabschnitt des Englischen Gartens wiedererrichtet. Auf einem Orchestra-Platz mit 30m Durchmesser, vor drei halbkreisförmig ansteigenden Rasenbänken spielt hier jeden Sommer bei gutem Wetter die freie Theatertruppe „Münchner Sommertheater“.

Die Schönfeldwiese an der Südwestspitze des Englischen Gartens, wo damals die Militärgärten entstanden, dient heute als Parcours für die Universitätsreitschule. Nebenan kann man sich im Milchhäusl-Kiosk eine Bio-Brotzeit gönnen. An die Protagonisten aus der Entstehungszeit erinnern beispielsweise das Rumford-Denkmal und die Sckell-Säule, die in ihrer Nähe Bänke zum Verweilen bieten. Auf einem Rundgang lassen sich zahlreiche historische und kulinarische Stationen entdecken – sonnige Herbsttage laden besonders dazu ein.

Weitere Anekdoten, historische und aktuelle Infos sind nun in „Der Englische Garten“ aus unserer Reihe „München-Minis“ nachzulesen.