Bayerische Geschichten 9/2024: Wie der Fredl Fesl das Musikkabarett erfunden hat

Liebe Leserinnen und Leser,

am 25. Juni hat die Welt einen Großen verloren: Fredl Fesl ist gestorben – und wird als Erfinder des bayerischen Musikkabaretts in die Geschichte eingehen. Doch Fredl war noch so viel mehr! In seiner Autobiografie „Ohne Gaudi is ois nix“ – dank der großen Nachfrage neu aufgelegt, unverändert und reich bebildert – blicken wir zusammen mit ihm auf eine rundum ungewöhnliche Karriere zurück. Im gewohnten Fredl-Tonfall erinnert er sich an schöne wie skurrile Begegnungen und gibt private Anekdoten preis, von Barras bis „MUH“. Prominente Wegbegleiter von Konstantin Wecker über Martina Schwarzmann bis Hans Well haben dazu ihre persönlichen Erinnerungen beigesteuert.

Mit Pagenkopf, Vollbart und Gitarre wurde Fredl Fesl Mitte der 70er Jahre quasi über Nacht berühmt (Foto: Archiv Fredl Fesl).

„Bin i froh, dass d’ do bist! Heit muasst spuin!“ Damit hatte Fredl Fesl nicht gerechnet, denn eigentlich hatte er auch an jenem denkwürdigen Abend seine Gitarre nur dabei, um sich – als Musiker getarnt – am Kassenfräulein vorbei in sein Stammlokal zu schmuggeln. Das „Song Parnass“ in der Einsteinstraße war im München der 70er Jahre die angesagteste Musikkneipe. Dort wurde Fredl Fesl nach diesem Abend, an dem er für eine kurzfristig ausgefallene Band einspringen musste, sozusagen versehentlich und über Nacht berühmt: Das Publikum war so begeistert von diesem lustigen Vogel mit der Gitarre, dass es ihn am nächsten und am übernächsten Tag gleich wieder hören wollte und auch noch Freunde und Bekannte hinschickte.

Der Handstand war fast 25 Jahre die Zugabe bei den Konzerten von Fredl Fesl – eine Zeit lang trat er aber auch als Zirkusakrobat auf (Foto: Archiv Fredl Fesl).

„Grüaß Gott beianand, ich bin da Fredl und möchte euch heit ein paar niederbayerische Lieder aus meiner niederbayerischen Heimat Niederbayern vorsingen. Des heißt, eigentlich möchte ich nicht, aber der Waschke Klaus, der hat gsagt, ich soll auf die Bühne und irgendwas macha. Weil ich der Oanzige bin, der a Gitarr’ dabei hat, muaß praktisch ich auf d’ Bühne, weil sonst koane Musiker da san. Aber des sag ma neamands …“ Immer fiel ihm etwas ein, was er noch sagen musste. So etwas hatte es bis dahin nicht gegeben: Ein Bühnenprogramm ohne Programm, eineinhalb Stunden kuriose Improvisation und hintersinnige Geschichten, dazwischen ein paar Lieder, manchmal einfach nur altbekannte Volkslieder, für die er neue, völlig verquere Texte erfunden hatte.

Um das Jahr 1980 fanden Hans, Michael und Stofferl Well als Biermösl Blosn mit Gerhard Polt zusammen (Foto: Dr. Alexander Früchte).

Kein Wunder, dass der junge Fredl mit der Prinz-Eisenherz-Frisur und dem Vollbart bald übermütig wurde. Als er einmal bei einem Auftritt im „MUH“, dem legendären „Musikalischen Unterholz“ in der Hackenstraße, in der Pause mit einigen jungen Leuten in Tracht ins Gespräch kam, die ihm erzählten, dass sie von einem eigenen Volksmusikauftritt kämen und dass sie alle Geschwister seien, da bat er den jüngsten von ihnen mit seiner Trompete auf die Bühne. Aus der Idee, den braven Musikanten mit seinen eigenen Trompetenkünsten zu übertrumpfen, wurde dann aber leider gar nichts – denn er hatte Stofferl Well, das musikalische Wunderkind der späteren Biermösl Blosn auf die Bühne geholt. Und der spielte ihn in Grund und Boden. Die Legende aber besagt, dass Hans Well an diesem Abend beschloss, es dem großen Fredl Fesl und seiner Erfindung, für die sich erst später der Begriff „Musikkabarett“ etablierte, nachzutun.