Bayerische Geschichte(n), 21/2020: Auf den Spuren Max Webers in München

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Porträt Max Webers, aufgenommen im Jahr 1912 von der Porträtkünstlerin Wanda von Debschitz-Kunowski, die ihr Atelier in der Hohenzollernstraße hatte (Foto: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Fotosammlung).

mit seiner Freundin Else Jaffé-von Richthofen muss Max Weber während seiner Zeit in München auch bisweilen am Max-Weber-Platz vorbeigegangen sein. So erinnerte sich die 95-Jährige ein halbes Jahrhundert später, dass er einst im Spaß gesagt habe: „die heißt schon Max Weber Straße, da kann […] also keine Straße mehr nach mir benannt werden“. Hier irrte sich der weltberühmte Sozialwissenschaftler: Am 3. Juli 1998 wurde das Straßenschild des Max-Weber-Platzes in Haidhausen, der bislang dem Magistratsrat gleichen Namens gewidmet war, mit einer zweiten, neuen Tafel versehen und erinnert seitdem auch an den großen Gelehrten, der 1919/20 einige Monate lang in München lebte und arbeitete.

Hochzeitsbild von Max und Marianne Weber, 1893 (Foto: Privatbesitz)

Auch schon vor seinem Ruf an die Ludwig-Maximilians-Universität, dem er im April 1919 folgte, war Max Weber regelmäßig zu Gast in der bayerischen Landeshauptstadt. So hatte er im August 1912 gemeinsam mit seiner Frau Marianne und der Pianistin Mina Tobler, die zum Bekanntenkreis des Ehepaars gehörte und später Webers Geliebte wurde, eine Musikreise nach Bayreuth und München unternommen. Das Trio hörte unter anderem Mozarts „Così fan tutte“ im Residenztheater und Weber schwärmte – „trotz des frivolen Sujets“ – von dem „Eintauchen in reiner Schönheit“. Aber auch die Arbeit führte den Soziologen immer wieder nach München: Die beiden hier gehaltenen Vorträge „Wissenschaft als Beruf“ (November 1917) und „Politik als Beruf“ (Januar 1919) fanden weit über die Grenzen der akademischen Welt hinaus große Beachtung.

Aufnahme der Seestraße mit dem Haus von Helene Böhlau, in dem das Ehepaar Weber seit Dezember 1919 lebte, Ansicht ca. 1900 (Foto: Stadtarchiv München, DE-1992-FS-STR-1311).

Im Sommersemester 1919 hielt Max Weber schließlich seine erste Vorlesung an der Münchner Universität. Nach einer Zwischenstation in der Konradstraße 16, wo das Ehepaar zunächst möbliert wohnte, erfolgte im Dezember endlich der Umzug in eine Wohnung in der Seestraße 3c, im Haus der Dichterin Helene Böhlau. Das Zusammenleben mit den anderen Hausbewohnern gestaltete sich jedoch schwierig; das dort herrschende „Chaos“ beschrieb Max Weber in Anspielung auf den Roman der Hausbesitzerin als „Rangierbahnhof“. Marianne Weber bemühte sich, ihrem schon seit Längerem gesundheitlich angeschlagenen Mann wenigsten die Mittagsruhe zu ermöglichen. In den letzten Maitagen erkrankte Max Weber jedoch schwer. Sein Zustand verschlechterte sich zusehends, er entwickelte eine Lungenentzündung und verstarb am 14. Juni 1920. Die Trauerfeier fand in der Aussegnungshalle des Krematoriums auf dem Münchner Ostfriedhof statt.

Max Weber, der weltweit bekannte Soziologe, war die letzten zwölf Monate seines Lebens Bürger Münchens. Es war eine äußerst intensive Zeit und seine Beziehung zur bayerischen Landeshauptstadt eine besondere: Bis zu seinem Tod am 14. Juni 1920 lehrte er an der Ludwig-Maximilians-Universität und erlebte unmittelbar die Nachwehen der Münchner Räterepublik. Zum 100. Todestag von Max Weber zeigen Edith Hanke und Friedrich Wilhelm Graf ihn als äußerst widersprüchlichen, zwischen protestantischer Pflicht und erotischer Begeisterung für zwei jüngere Frauen zerrissenen Menschen, dessen Ideen nach wie vor die Sozialwissenschaft und -politik prägen.