Bayerische Geschichte(n), 13/2018: Der sagenumwobene Joseph Leoni

„Am Ufer des Starnbergersees“, kolorierter Holzstich nach einer Zeichnung von A. Specht, um 1870. Die wahrscheinlich fiktive Szene am Ostufer des Sees dürfte durch Künstlergesellschaften in Leoni inspiriert worden sein (Bild: Privatbesitz).

Liebe Leserin, lieber Leser,

Leoni am Starnberger See ist heute als Ortsteil der Gemeinde Berg bekannt. Doch einst, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, stand der Name für einen Treffpunkt der Münchner Künstlerprominenz, die im Gasthaus des ehemaligen Hofsängers Joseph Leoni – gebürtiger Guiseppe aus Palermo –, ausgelassene Feste feierte. Friedrich Bruckbräu, Schriftsteller und selbst Gast, schwärmte von der hier herrschenden Idylle, denn „die wahre Heiterkeit, das wahre Leben am See, ist nur auf der Villa Leoni zu Hause“. Der direkte Zugang zum See, die Anlegemöglichkeit für Boote, die gute Bewirtung und Unterhaltung – all das machte das Haus zu einem in dieser Epoche wohl einzigartigen Ort. Und der bereits betagte Besitzer, der „selbst noch jugendlich-fröhlich die Kreise seiner muntern Gäste“ belebte, ging ebenfalls in die Geschichte ein – umrankt von Mythen und Halbwahrheiten.

„Der Starnberger See bei Leoni“, Ölgemälde von Johann Jakob Dorner, 1835 (Bild: Gerhard Schober, Frühe Villen und Landhäuser am Starnberger See)

„Guiseppe Leoni, gefeierter Opernsänger am Münchner Hoftheater und Spross eines italienischen Adelsgeschlechts“ – so die Angaben zur Person des Gastwirts, die ihren Weg in zahlreiche Chroniken und Reiseführer gefunden haben. Die Wirklichkeit sah jedoch anders und vor allem weit weniger glanzvoll aus: Einen Adelstitel gab es nicht und Joseph Leoni war auch kein umschwärmter Star, sondern vielmehr ein einfacher und wohl auch in seiner Stimme begrenzter Bassist. Pflichtschuldigst verrichtete er seinen Dienst in der Münchner Hofmusik, trat aber nie als Solist in den großen Opernaufführungen in Erscheinung. Weit erfolgreicher als der Italiener, der im Jahr 1788 nach München gekommen war, war seine Frau Marianna, geborenen Schmaus, die als Ballerina eine beachtliche Karriere machte und auch deutlich mehr als ihr Mann verdiente.

Das Gasthaus Leoni auf einer Fotografie um das Jahr 1880 (Foto: Privatbesitz)

Am 27. Dezember 1834 starb Joseph Leoni in München an „Brustwassersucht“, laut Eintrag im Kirchenbuch also eines natürlichen Todes. Ungeachtet dessen geistert durch die Überlieferungsgeschichte auch eine andere Todesursache: Der pensionierte Hofsänger soll sich selbst das Leben genommen haben und zwar mit einer Stichwaffe, die in den 1950er Jahren im Starnberger Heimatmuseum als „Dolch des Leoni“ ausgestellt wurde. Vieles spricht jedoch dafür, dass es sich auch hier um eine weitere Legende handelt, war Joseph Leoni doch in seinen Jahren am Starnberger See ein ausgeglichener, zufriedener Mensch, der mit der Eröffnung des Gasthauses in Assenbuch seine Berufung und endlich auch Anerkennung gefunden hatte.

Christian Lehmann hat sich auf Spurensuche begeben und die Person des Sängers und Gastwirts Joseph Leoni, der 1825 am Ostufer des Starnberger Sees ein legendäres Gasthaus eröffnete, untersucht. Entstanden ist dabei eine außergewöhnliche Biografie, die vielfältige Einblicke in das Münchner Künstlerleben um 1800 gewährt.