Bayerische Geschichte(n), 11/2015: Slow Food aus Uromas Küche

Maria Pauly
Maria Pauly

Liebe Leserin, lieber Leser,

Puddingpulver oder gar Fertiggerichte kannte Maria Pauly nicht. Im Jahr 1899 hatte sie zur Vorbereitung auf Ehe und Familie, vor allem aber auf ihre zukünftige Rolle als „Managerin“ eines großen Haushalts, drei Monate lang eine Koch- und Haushaltsschule besucht. Aus den Rezepten und Menüvorschlägen, die sie feinsäuberlich in ein ledergebundenes Büchlein schrieb, geht hervor, dass es sich dabei um ein Angebot für „höhere Töchter“ gehandelt haben muss. In den Rezepten für Süßspeisen wird zuweilen sogar eine zweite Person erwähnt, die etwa eine Creme rühren muss, während die eigentliche Köchin mit dem Teig beschäftigt ist – zumindest die Hilfe eines Dienstmädchens war für eine Münchner Hausfrau zur Prinzregentenzeit eine Selbstverständlichkeit.

Filet à la Jockey Club
Filet à la Jockey Club

Ihr Leben lang kochte Maria Pauly so, wie sie es einmal gelernt hatte – aber keineswegs nur Schweinebraten und Knödel. Zu feierlichen Anlässen servierte sie eher ein „Filet à la Jockey Club“. Das Fleisch wurde gebraten und kunstvoll auf einem Brotsockel angerichtet. Aus dem Gemüse bereitete sie dazu kleine dekorative Pastetentörtchen. Und zuletzt notierte sie: „Hat man Silberspieße, so bringe man dieselben je einen oben und einen unten an.“ Wer kann, der kann. Zu beeindrucken wusste die Gattin eines städtischen Beamten ihre Gäste auch mit „Schinken auf königliche Art“ oder gar mit „Tournedos mit Trüffeln“, zu denen Risotto gereicht wurde. Zu den Mode-Desserts des Fin-de-Siècle dürfte das Kaffee-Eis ebenso gehört haben wie die feine „Süße Sulz mit Früchten“ oder zur Weihnachtszeit der mächtige „Plum Pudding“, der natürlich am Tisch flambiert und mit „Weinschoteau“ serviert wurde.

Apfel im Schlafrock
Apfel im Schlafrock

Manche der Rezepte von anno dazumal mögen für unseren heutigen Geschmack zu schwer oder zu aufwendig sein. Mithilfe einer Küchenmaschine anstelle des Hausmädchens, das zwölf Eigelb mit einem Pfund Zucker und ein wenig Vanillemark „1 Stunde schaumig rühren“ musste, ist aber das duftige „Omelette soufflet“ aus der Prinzregentenzeit in der modernen Küche schnell gezaubert: Einfach den Eischnee unter die Vanillecreme heben und das Ganze in einer gebutterten Form „ziemlich kurz im Rohr bei ziemlich starker Hitze backen lassen“. Die Altmünchner Küche war Slowfood und Bio, lange bevor diese Begriffe erfunden wurden. Sie war aber auch erstaunlich vielfältig und erstaunlich international: Die Inspiration für viele Rezepte kam aus Frankreich, Italien oder der Donaumonarchie.

Die besten und originellsten Rezepte aus dem Kochbüchlein von Maria Pauly sind nun – mit Einkaufs- und Kochtipps ergänzt, zeitgemäß aufbereitet und wunderschön illustriert – im „Altmünchner Kochbuch“ zusammengefasst.