Bayerische Geschichte(n) 11/2011: Auf den Spuren zweier Seelenverwandter
Liebe Leserin, lieber Leser,
Kaiserin Elisabeth von Österreich, die berühmte „Sisi“, verlebte in Schloss Possenhofen am Starnberger See eine unbeschwerte Kindheit. In „Possi“, der Sommerresidenz von Sisis Vater Herzog Max in Bayern wuchs sie fern vom Hofzeremoniell inmitten von Natur und Tieren auf. Und schon damals kreuzten sich die Wege von Prinzessin Elisabeth und Kronprinz Ludwig von Bayern, denn dieser durfte als Kind mit Sisis Geschwistern im Schlosspark spielen – für den Thronfolger, der überaus streng erzogen wurde, sicherlich ein besonderes Erlebnis.
Das Schlösschen kann heute nur von außen bewundert werden, es wurde luxussaniert und in exklusive Eigentumswohnungen unterteilt. Doch es lohnt sich, vom idyllischen Weg am See entlang Richtung Tutzing einen Blick auf das schön renovierte herrschaftliche Gebäude zu werfen.
Auch später kam Ludwig II. immer wieder gern nach Possenhofen: Mit seinem Dampfer „Tristan“ legte der junge König regelmäßig hier am Ufer an, um Sisi und ihre Schwester Sophie zu besuchen. Ludwig II. bewunderte seine acht Jahre ältere „Cousine“ Sisi – die genau genommen seine Tante war – sehr. Beide verfügten über ähnliche Wesenszüge, verabscheuten alle höfischen Zwänge, waren leidenschaftliche Leser und verehrten Richard Wagner. Wenn Sisi ihrer alten Heimat einen Besuch abstatten wollte, kam sie zumeist mit dem Zug am Bahnhof Possenhofen an.
Der Bahnhof, der 1865 eröffnet wurde, kann noch heute besichtigt werden; hier ist das „Kaiserin Elisabeth Museum“ untergebracht, das sowohl eine Sammlung zur österreichischen Kaiserin als auch zu Ludwig II. beherbergt. Aus der Zeit der beiden gekrönten Häupter ist der Wartesalon erhalten und einen Besuch wert.
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Im Laufe der Jahre trat aber eine weitere Gemeinsamkeit in den Vordergrund: Ludwig II. wie auch Sisi zogen sich zunehmend in die Einsamkeit zurück und scheuten die Gesellschaft von Menschen. So mied Kaiserin Elisabeth mehr und mehr die Öffentlichkeit und ließ sich ab ihrem 30. Geburtstag nicht mehr fotografieren. Ludwig duldete seit dem Jahr 1872 bei seinen Theaterbesuchen keine anderen Zuschauer im Saal; für ihn mussten eigene Separatvorstellungen gegeben werden, zunächst im Cuvillés-Theater, später dann auch im Nationaltheater.
In der heutigen Zeit können übrigens auch „Normalsterbliche“ Karten für die Königslogen erwerben und den königlichen Ausblick genießen.
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Die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden exzentrischen Persönlichkeiten blieb bis zum Tod Ludwigs II. im Jahr 1886 bestehen. Als Sisi vom Ableben ihres Seelenverwandten erfuhr, erschütterte sie die Nachricht über alle Maßen. Ihre Tochter Valerie berichtete, dass ihre Mutter ganz verstört vor Kummer war und sich der Länge nach auf den Boden warf. Schließlich soll sie sogleich nach Schloss Berg geeilt sein, wo der Leichnam des Königs in der Gnadenkapelle aufgebahrt worden war.
Heute gehört das Schloss dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds und dient als Sommerresidenz für den Chef der Familie Wittelsbach. Nur ein Teil des damaligen Parks ist öffentlich zugänglich. Zur Votivkapelle und dem Kreuz im See kommen alljährlich die Königstreuen zur Gedenkfeier am Todestag Ludwigs. König Ludwig II. und Kaiserin Elisabeth sind an vielen Orten in Bayern noch präsent – bei der Spurensuche helfen die Bayern-Minis.
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ISBN: 978-3-86222-008-3 €7,95
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ISBN: 978-3-86222-008-3 €7,95