Bayerische Geschichte(n), 08/2015: Alles neu macht der Mai…
Liebe Leserin, lieber Leser,
…macht die Seele frisch und frei! In den Wonnemonat fällt die Blütezeit des Waldmeisters, das wohlriechende Kraut mit den leuchtend weißen Blüten. Im Gasthaus Berndorf in Niederbayern wird traditionell die grüne Maibowle ausgeschenkt. Das süße, aromatische Getränk wird besonders gern von jungen Frauen getrunken. Der Wirt Georg Kölbl bezeichnet es deshalb auch scherzhaft als „Blusenöffner“. Aber Vorsicht! Wer zu viel der Bowle erwischt, wacht nicht nur vielleicht in fremden Betten auf, sondern auch mit brummendem Kopf. Das liegt nicht nur am Alkohol, sondern auch an dem im Waldmeister enthaltenen Cumarin. In größeren Mengen bekommt man davon nicht nur Kopfweh, sondern auch Schwindel und in Extremfällen auch Leberschäden. Aber dazu müsste man die Bowle dann schon tagelang kübelweise trinken.
Den Männern ist üblicherweise ein herberes Getränk lieber. Ob Bier oder etwas Hochprozentigeres, daran scheiden sich die Geister. Aber ein gewiefter Franke hat Bier und Schnaps quasi vereint: Der Schorschbock hat einen höheren Alkoholgehalt also so mancher Magenbitter. Sage und schreibe 57,5 Prozent Alkohol sind in diesem stärksten Bier der Welt enthalten. Und ja, der Schorschbock ist trotzdem nach bayerischem Reinheitsgebot gebraut. Georg Tscheuschner, der Schorsch also, wollte einfach sehen, wie stark ein Bier werden kann, wenn es lediglich aus Hopfen, Wasser und Malz gebraut wird. Möglich wird das durch die „Eisbockmethode“. Dabei wird ohnehin schon starkes Bockbier mehrere Monate lang auf bis zu minus 60 Grad heruntergekühlt und die dabei entstandenen Eiskristalle abgeschöpft. Zurück bleibt das Starkbier – im wahrsten Sinne des Wortes. Als ganze Maß sollte man das Bier natürlich eher nicht trinken, aber als Aperitif ist es durchaus empfehlenswert.
Ganz ohne Alkohol kommt der edle Essig von Eva und Wilhelm Gebhardt aus. Kommerziell hergestellter Essig wird innerhalb von 20 Stunden hergestellt, bei den Gebhardts dauert dies sehr viel länger: Bis zu einem halben Jahr vergärt der Wein. Anschließend reift er in Eichenfässern zwischen sechs und 24 Monate heran – das ist wahres „Slow Food“. Der fertige Essig wird dann nach und nach aromatisiert. Aber keinesfalls mit künstlichen Zusatzstoffen! Es kommen nur frische, ganze Früchte oder Kräuter zum Einsatz, Schlehe etwa, oder Himbeeren, Basilikum, Zitrone, oder was eben gerade im Garten oder auf dem Markt verfügbar ist. Essig macht sich übrigens nicht nur gut im Salat, selbstgemachtes Eis mit Holunderblütenessig oder Obstsalat mit Zwetschgenbalsamessig schmeckt erfrischend anders.
Zusammen mit seinem Autorenteam stellt der bekannte Hörfunk-Journalist Gerald Huber im dritten Band der Reihe „Bayern genießen“ verschiedenste Wässerchen, Pulver, Essenzen, Salben und Tinkturen aus ganz Bayern vor, die immer noch, immer wieder und immerfort als Wohltaten für Körper und Geist oder gar als Wundermittel „gegen jede Schlechtigkeit“ gepriesen werden – aber oftmals nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten bekannt sind.