Bayerische Geschichte(n) 07/2012: Der Bruder des Königs

Blick auf die Leopoldstraße und das Prinz-Leopold-Palais, Aufnahme um 1905.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Verlängerung der Ludwigstraße über das Siegestor hinaus hieß einst Schwabinger Landstraße, weil sie in das Dorf Schwabing weit vor der Münchner Stadtgrenze führte. Ihren Namen bekam die Leopoldstraße im Jahr 1890 nach der Eingemeindung Schwabings: Das Palais des Prinzen Leopold war das dominante Gebäude an der Westseite der mit Pappeln gesäumten Straße, die nun rasch mit großzügigen Villen und Geschäftshäusern bebaut wurde.

Der Leopoldpark nach der Durchführung der Friedrichstraße. Im Bereich von Friedrich- und Franz-Joseph-Straße setzte eine lebhafte Bautätigkeit ein, Aufnahme um 1895.

Seit 1873 wohnte Prinz Leopold, der jüngere Bruder von Bayerns letztem König Ludwig III., mit seiner Gemahlin Gisela, einer Tochter der österreichischen Kaiserin Elisabeth, an der Schwabinger Landstraße. Nach seiner Hochzeit mit der österreichischen Kaisertochter ließ der zu Reichtum gekommene Bayernprinz die elegante Villa, die Friedrich von Gärtner 1845 für Königin Therese geplant hatte, zu einem repräsentativen Wohnsitz erweitern. Der weitläufige Park des Prinz-Leopold-Palais reichte ursprünglich bis zur Kurfürstenstraße. Die neu angelegte Friedrichstraße verkleinerte ihn auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe.

Die Luftbildaufnahmen aus der Vorkriegszeit zeigen das alte und unzerstörte München. Hier: Der Marienplatz und im Norden hinter dem Rathaus die Bebauung an Landschafts-, Gruft- und Schrammerstraße, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Dieses Areal wird heute als Marienhof bezeichnet

1935 wurde das Palais von der NSDAP erworben und alsbald abgerissen, um für ein geplantes Jagdmuseum Platz zu schaffen. Dieses Museum wurde dann jedoch nicht an der Leopoldstraße, sondern im Nordtrakt des Nymphenburger Schlosses realisiert. Wo einst das Palais des Prinzen Leopold stand, befindet sich heute der „Schweinchenbau“ der Ludwig-Maximilians-Universität, der seinen Namen wegen seines rosaroten Anstrichs bekommen hat.
Dr. Richard Bauer, der langjährige Leiter des Münchner Stadtarchivs, und Eva Graf, die dort über dreißig Jahre die umfangreichen Fotobestände betreute, dokumentieren in dem Band „München im Überblick“ anhand zahlreicher Aufnahmen aus der Pionierzeit der Luftbild-Fotografie die Entwicklung Münchens von dörflichen und vorstädtischen zu großstädtischen Strukturen.