Bayerische Geschichte(n), 05/2016: Wie man Bier zu Geld macht
Liebe Leserin, lieber Leser,
das Brauen von Weißbier, von Bier aus Weizen also, war in Bayern lange Zeit verboten. „Was dann das weiß Pier belangt“, befand Herzog Albrecht V. im November 1567, so sei dies „ein getrank, das weder nert, weder sterck, kraft noch macht gibt, und dahin gericht ist, das es die zechleut oder diejenigen dies trincken, nur mehrerm trincken reizt“. Und weiter sorgte sich der Landesherr: „Es kumpt uns auch vor, das in unserem Rentamt Straubing mit dem weißen Pierpreuen ein unseglich große Anzahl Weitzen verschwendet wirdet …“. Schließlich hatte man gerade einmal fünfzig Jahre zuvor im Reinheitsgebot mit der Beschränkung auf Gerste das wichtige Brotgetreide Weizen und damit die Bevölkerung vor Hungersnöten schützen wollen. Albrecht V. konnte freilich nicht ahnen, dass sein Enkel Maximilian I. ausgerechnet mit dem Weißbier die maroden Staatsfinanzen sanieren würde.
Maximilian kam 1598 an die Macht, nachdem sein Vater Wilhelm V. mit seinen Baumaßnahmen und Kunstkäufen exorbitante Schulden angehäuft hatte. Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen schickte er seine Kundschafter über die Donau, um dort das geheimnisvolle Weißbierbrauen zu ergründen und herauszufinden, ob „gemainem Geschrei nach sonderbarer Gewinn damit verhandten“. Kein Verbot ohne Ausnahmen: Die Degenberger und die Schwarzenberger hatten herzogliche Privilegien inne, die ihnen das Weißbierbrauen ausdrücklich genehmigten. Mit dem Tod des letzten Degenbergers erbte Maximilian 1602 das erste Privileg, die Brauereien der Schwarzenberger samt ihren Rechten kaufte er im Jahr danach. Nun musste nur noch die Konkurrenz ausgeschaltet und das Weißbier den Untertanen schmackhaft gemacht werden. Da jedoch das Braunbier im Gegensatz zum obergärigen Weißbier nur im Winter zwischen Michaeli und Georgi gebraut werden durfte, stand dem Siegeszug des Weißbiers nichts im Weg.
Maximilian ließ weitere herzogliche Brauhäuser errichten und schuf sich mit dem bayernweiten Weißbiermonopol eine attraktive Einnahmequelle. So konnte er nicht nur große Teile seines Staatshaushalts, sondern obendrein auch die Kosten des Dreißigjährigen Krieges bestreiten. Um auch den letzten Zweifler zum Verstummen zu bringen, ließ er nun seinerseits verlautbaren: „Daß aber das weiß Pier weder so gesundt als das prawn, noch also settige oder den Dursst lesche, ist solches mit Befrembden zuvernemmen, weiln es bei dem Degenberg und Schwarzenberg nie clagt worden, hingegen die teglicher Erfarung bezeugt, das khein Tranckh … den Durrst belder lesche, als eben das weiß Pier“. Die unvorstellbar hohe Summe von 15 Millionen Gulden soll Maximilian I. im Lauf seiner fünfzigjährigen Regierungszeit mit dem Weißbier erwirtschaftet haben.
Das Bayerische Reinheitsgebot, dessen Unterzeichnung sich 2016 zum 500. Mal jährt, bestimmte erstmals feste Brauzeiten, eine Obergrenze für den Bierpreis und vor allem die Beschränkung auf „allein Gerste, Hopfen und Wasser“, die drei „reinen“ Zutaten, aus denen fortan überall in Bayern bestes Bier gebraut werden sollte. Das Hofbräuhaus, das Weißbiermonopol und das Oktoberfest waren weitere Wegmarken in der Geschichte des Bierbrauens in Bayern, die Prinz Luitpold von Bayern und Günter Albrecht in dem Buch „Ohne Bayern kein Bier – Ohne Bier kein Bayern“ ebenso anschaulich wie informativ schildern.