Münchner Geschichte(n), 06/2013: Zwei Hausheilige, ein Denkmal und ein Bär
Liebe Leserin, lieber Leser,
einer der beiden „Hausheiligen“ des Münchner Literaturhauses ist Oskar Maria Graf. Anfang der 1990er Jahre gab es in München eine allgemeine Rückbesinnung auf Graf, die freilich eher einer Entdeckung als einer Wiederentdeckung gleichkam. Noch in den 1960er Jahren hatte man ihm, als er aus Amerika zu Besuch gekommen war, einen Auftritt im Münchner Cuvilliés-Theater verweigert, weil er seine Lederhose anhatte. Nun aber, 1992, sollten die Nachlassfragen geklärt und der 100. Geburtstag vorbereitet werden, deshalb war Grafs Witwe Dr. Gisela Graf in München.
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„Ein Denkmal für meinen Oskar“, wünschte sich die Witwe vom damaligen Münchner Oberbürgermeister Georg Kronawitter. „Frau Graf, das sollen Sie haben“, lautete dessen Antwort. Beide dachten dabei mit Sicherheit an ein Denkmal im herkömmlichen Sinn, ähnlich wie es sie für andere Münchner Originale an verschiedenen Orten in der Altstadt gibt. Die Stadt aber beauftragte die New Yorker Konzeptkünstlerin Jenny Holzer mit dem Entwurf zu einem Denkmal für Oskar Maria Graf für das Literaturhaus am Salvatorplatz.
Jenny Holzers Konzept sah vor, Architektur und Einrichtung des Restaurants im Erdgeschoss des Literaturhauses mit Zitaten aus dem Werk von Oskar Maria Graf zu bespielen. Sie entwarf zwei Granittische mit Bänken, die bayerischen Biergartengarnituren nachempfunden sind und auf dem Platz vor dem Literaturhaus aufgestellt wurden. In die Tischplatten sind zwei längere Textpassagen eingraviert. Im Innenraum besteht der zentrale Teil der Installation in einem vertikalen Laufschriftband aus Leuchtdioden, das über der Bar des Cafés angebracht ist. Insbesondere die Auswahl der Zitate, vor allem die kurzen, griffigen Sätze auf dem Geschirr wie zum Beispiel „Mehr Erotik, bitte!“ waren sehr umstritten. Das Denkmal wurde am 5. Juni 1997 bei der Eröffnung des Literaturhauses der Öffentlichkeit übergeben.
Ein weiteres recht ungewöhnliches „Denkmal“ im Literaturhaus ist der ausgestopfte sibirische Braunbär im Treppenhaus: Er stammt aus dem Haushalt der Familie Mann und stand zuletzt im Foyer der Villa von Thomas Mann in der Poschinger Straße. Seinen literarischen Niederschlag fand der Bär unter anderem in den „Buddenbrooks“. Thomas Mann ist der zweite Schriftsteller, dem sich das Literaturhaus besonders verbunden fühlt und dem es immer wieder Ausstellungen und Veranstaltungen widmet.
Das Literaturhaus ist nur eine der rund 30 Stationen auf dem literarischen Stadtspaziergang, den Rita Steininger für den Mini „München literarisch“ abgesteckt hat.
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