PI: Theatrum privatissimum

Cover_Theatrum_privatissimum_12webOper im Goldfischaquarium: Vierzig Jahre Theaterwerkstatt „I-piccoli“ in Schwabing

Ein Wohnzimmertheater, das käme geradezu einer Verharmlosung gleich. Die ganze Wohnung von Gerhard Weiß ist ein Theater: Die Küche im Dachgeschoss eines alten Schwabinger Hauses gleich hinter der Münchner Freiheit ist zugleich Foyer, Bar und Durchgang zur Garderobe, zwischen der Sauna und der Badewanne schlängeln sich die Besucher zu den hinteren Sitzreihen durch. Der Zuschauerraum mit gerade einmal zwanzig Plätzen wird nach der Vorstellung wieder zum Schlafzimmer für den Impresario – nur das Allerheiligste dieser ebenso kuriosen wie faszinierenden Theaterwohnung bleibt Tag und Nacht das, was es ist: ein besenkammergroßes Gemach, in dem sich Szenenfläche, Kulisse, Bühnenmaschinerie und Fundus für das Figurentheater befinden.

Die Theaterwerkstatt „I-piccoli“ ist ein bezauberndes Relikt der einstmals blühenden Schwabinger Kleinkunstszene, entstanden 1975 aus postrevolutionärer und poststudentischer Alternativbewegtheit: ein geheimnisvoller, bunter, opulenter Kosmos, der von Gerhard Weiß seit mittlerweile vierzig Jahren bewohnt und bespielt wird. Sein „Theatrum privatissimum“ ist ein absoluter Geheimtipp im Münchner Kulturleben, das Programm wird auf keiner Litfaßsäule angeschlagen und in keinem Kulturprogramm angekündigt. Das Publikum besteht vielmehr aus einem erlesenen Kreis von Kennern und Liebhabern, die das Figurentheater von seinen Anfängen begleitet haben und von denen nicht wenige selbst an der einen oder anderen Produktion beteiligt waren.

In seinem „bürgerlichen“ Leben, wenn es denn ein solches gegeben hat, arbeitete der Fotograf Gerhard Weiß im kunsthistorischen Institut der TU München. Und dort ist auch die Idee zu einem Figurentheater entstanden, als sich mit dem Fund von bestens erhaltenen Bühnenentwürfen und Kostümfigurinen zu Wagner-Opern die Möglichkeit zu einem „Ring“ im Format eines Goldfischaquariums und in zwei statt zwanzig Stunden ergab. Es folgte ein Stück, in dem sich Kurt Badt und Hans Sedlmayr zum kunsthistorischen Disput im Atelier von Jan Vermeer trafen – und seither eine Vielzahl weiterer Inszenierungen. 2002 wurde Gerhard Weiß mit dem Schwabinger Kunstpreis ausgezeichnet, zum 40-jährigen Bestehen von „I-piccoli“ würdigt das Münchner Stadtmuseum die Arbeit von Gerhard Weiß mit einer eigenen Vitrine in der Puppentheatersammlung. Im Volk Verlag erscheint die üppig bebilderte Dokumentation „Theatrum privatissimum“ mit Textbeiträgen von langjährigen Weggefährten.

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