PI: Das fliegende Kästchen
Märchenerzählen wurde 2016 von der UNESCO in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Und das aus gutem Grund: Denn die mündliche Weitergabe von Sagen, Legenden und Märchen erhält nicht nur uraltes Kulturgut am Leben – Märchen voller Witz, Emotion und Spannung zu erzählen, ist auch eine echte Kunst.
Kaum jemand beherrscht diese Kunstform so hervorragend wie Erika Eichenseer. In freier Nacherzählung berichtet sie gekonnt von vermissten Prinzen, von grünen Holzfräulein, von Bettelbuben, die ihr Glück machen, und von reuigen Bösewichten. Ihre Stimme schafft Atmosphäre, haucht allen großen und kleinen Protagonisten der Schönwerth’schen Märchenwelt Leben ein und wird von den Klängen des Ausnahmemusikers Thomas M. Dürr perfekt begleitet: 38 Instrumente aus aller Welt und aller Zeit kamen bei den Aufnahmen zum „fliegenden Kästchen“ zum Einsatz – von der mittelalterlichen Leier über das Didgeridoo bis zu einer eigens für den Klangkünstler angefertigten Steirischen Harmonika.
Vielleicht gelingt Erika Eichenseer die Nacherzählung der Märchen von Franz Xaver von Schönwerth auch so gut, weil sich die Vizepräsidentin der Schönwerth-Gesellschaft seit Jahren intensiv mit dem schier unerschöpflichen Nachlass des Sagensammlers beschäftigt. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts fahndete Schönwerth im ländlichen Bayern nach den schönsten Märchen und Sagen. Und seine Arbeit entlockte schon den Gebrüdern Grimm das große Lob: „Nirgendwo in ganz Deutschland ist umsichtiger, voller und mit so leisem Gehör gesammelt worden.“