Was hamma gessn? Vom Landleben in alter Zeit
Was hamma gessn? Vom Landleben in alter Zeit

D’Arnt – Die Ernte

Ernte, das bedeutete für die Bauern vor fünfzig Jahren vollen Einsatz von Herrschaft und Dienstboten – und viele zusätzliche Arbeitsstunden. Da die Ernte meist nicht mit dem vorhandenen Personal bewältigt werden konnte, wurden zusätzlich Erntearbeiter eingestellt. Das Dingen der „Ernteknechte“ war der Auftakt. Hierzu fuhr mein Großvater sogar bis nach Straubing, wo einer der größten „Arnknechtmärkte“ stattfand.

An einem bestimmten Tag trafen sich die Bauern der Umgebung mit den „Arnern“ in Landshut zwischen Martinskirche und Dreifaltigkeitsplatz zum so genannten „Arnermarkt“. Da wurden Zeit, Lohn und vor allem die Biermenge ausgehandelt.
Die Erntearbeiter kamen hauptsächlich aus dem Bayerischen Wald. Bei uns am Hof arbeiteten auch etliche Erntehelfer aus dem Nachbardorf. Es waren meist Handwerker und Eisenbahnangehörige, die sich während ihres Urlaubs ein Zubrot verdienten.
Die Ernte begann mit der Gerste. Sie wurde lose auf den Wagen geladen und heimgefahren. Auf dem Feld arbeiteten die Knechte, die Erste Dirn und die „Arnerin“. Die Dirn stand auf dem Wagen und die Knechte gabelten ihr die zusammengeraffte Gerste („Bauschen“) hoch. Eine schweißtreibende Arbeit, vor allem, wenn es im Hochsommer eine richtige Gluthitze hatte.
Das Rausbringen der Brotzeit war die Arbeit der Kinder. Da die Wege oft sehr weit waren, hatten wir für diesen Zweck eine kleine Radltrage, einen Schubkarren. Auf die wurde alles gepackt, zur Kühlung mit Klee abgedeckt und mit Wasser bespritzt.
Pünktlichkeit war für uns oberstes Gebot, denn bei Brotzeit und Bier erholten sich die Arner von der schweren körperlichen Arbeit. Mit ihrem zu-gesagten Bier nahmen es die Leute allerdings damals sehr genau! Wehe, wir hatten uns mit der Biermenge verzählt! Dann ging ein richtiges Donnerwetter auf uns nieder!
Zur Brotzeit gab es Rettich, kalten Braten oder kaltes, gesottenes Fleisch mit Brot. Es war dann schön, dabei zu sitzen und zuzuschauen, wenn die Dirn auspackte und der Knecht mit dem Rettichschneiden anfing.
(Aus den Aufzeichnungen von Erika Kammermeier)

Nach altem Brauch hat es zur Roggenernte immer nur Gerichte aus Roggenmehl gegeben.

‚Bacherne Knedl‘ zum Beispiel. Da ist schon in der Früh eine Rindssuppn kocht wordn, manchmal auch eine Hühnerbrühe, und dazu hats dann die Bachernen Knedl gebn. Das sind Knödel aus einem roggenen ‚Kiachedoag‘ (Kücherlteig), in die man Schnittlauch oder Kümmel rein gebn hat. Die sind dann mit dem Löffel ausgstochen und im heißen Fett rausbacken wordn.
Wenns sehr heiß war und die Leut recht abgearbeitet warn, habn sie das fette Schmalzgebäck zum Abendessen oft gar nicht so gern mögn. Da wolltens oft lieber einen Zwetschgendatschi oder einen Apfelkuchen. Dann haben wir Kinder immer schauen müssn, dass wir von den Jacobiäpfeln die Heruntergefallenen aufsammeln. Die haben wir dann alle schälen müssn, damit es einen Apfeldatschi gebn hat. Da hat einer schon mittags um Eins angfangen mit dem Schälen! Es sind dann riesige ‚Brettl‘ (hier: Backbleche) davon gemacht wordn. Jeder hat ein ganz großes ‚Trum‘ (Stück) gekriegt. Grad gschmeckt hats ihnen! Dazu hats dann einen ‚Kaba‘ (Kakao) gebn, des war das Höchste!
Ich seh sie heut noch sitzen: völlig fertig, dann habens ihren Kuchen gessen, den Kaba trunken – und des war einfach schee!
(Erika Kammermeier)

Beim Weizenfahren hat es zum Essen natürlich nur Weizernes gegeben, zum Beispiel „Kiache“, „Hasenöhrl“, „Stritzel“ oder „Schoatenkiache“.

 

Schoatnkiache (Scheitenküchlein)
Erika Kammermeier

3 – 4 Eigelb
1 ganzes Ei
1 – 2 EL Zucker
1 EL Rum oder Arrak
1 Prise Salz
ca. 200g Mehl nach Bedarf
Ausbackfett
Puderzucker zum Bestreuen

Eigelb, ganzes Ei, Salz, Zucker, Rum oder Arrak gut verschlagen, so viel Mehl einarbeiten, dass ein ziemlich fester Nudelteig entsteht, der aber gut auszuwellen ist. Teig gut abkneten, zweifingerbreite Rolle daraus formen, in 2 cm dicke Scheiben schneiden, diese sehr dünn rund auswellen, in heißes Backfett geben und sie mit 2 Gabeln leicht zusammenraffen, so dass Falten entstehen, die beim Backen bleiben. Hell backen, abtropfen lassen, mit Puderzucker besieben.

 

Wenn eingefahren worden ist, wenn der letzte Wagen kommen ist, da habn wir an ‚Boschn‘ gmacht, das war ein kleiner Baum, an den wir lauter Stofffetzerl hingehängt habn. Der ist dann auf den letzten Wagen oben rauf kommen. Die Leut haben sich alle auf den voll beladenen Wagen gsetzt und sind mit dem Wagen heimgefahren.
Wenn die im Hof so ankommen sind, und wenn man gsagt hat Na, Gott sei Dank, die Ernte ist gut herein!“, war das ein richtiges Ergeignis, auch für uns Kinder! Meine Schwester oben mit der Quetschn, die Männer habn gsungen. Manchmal kommen mir da direkt die Tränen vor Glück, wenn ich dran denk!
Und da ist dann aufkocht wordn! Da hats dann gute Sachen gebn. Die Mutti hat immer zuerst gfragt: Was wünscht ihr euch? Was sollen wir machen? Sollen wir einen Kuchen machen, sollen wir Kücherl backen oder dies oder jenes?“
Dann ist ein Fass Bier in den Hausgang rein gstellt wordn und dann ist ozapft wordn! Mir ham immer so glacht, wenn des so gspritzt hat, und der Vati hat allweil gschimpft: Habts es wieder recht hergschüttelt oder is es zu warm?“. An dem Tag hat jeder trinken dürfen, so viel er mögen hat. Da hats Räusch gebn, pfiat di God! Nach dem Essen ist tanzt wordn und getrunken. Prost!“ habens gmacht und noch mal Prost!“, und dann ist von der Arnt erzählt wordn, wie der eine schlecht aufglegt hat, der andere umgschmissen hat; wieder ein anderer hat nicht gscheit ‚gfasst‘ oder dem anderen sind die Ochsen durchgangen.
Ja, da hats dann das Arnt-Geld gebn! Des ist in ein Kuvert kommen, und je nachdem, welche Position ein Knecht ghabt hat oder wie fleißig eine Magd war, hats einen Zusatz gebn.
(Erika Kammermeier)

Auch auf Gut Buch und andern Höfen kamen nicht nur zur Getreideernte Tagelöhner und Hilfskräfte hinzu – oft zwanzig, dreißig Menschen, die zu den ansässigen Knechten und Mägden mit anpackten. Sie kamen auch zum Rübenverziehen, zur Hopfenernte oder zum Kartoffelklauben auf den Hof.

 

Im Herbst

Allmählich wurden die Tage kürzer und die Abende kühl. Die Schwalben sammelten sich, Singvögel überfielen scharenweise die Ebereschen mit den „Vogelberl“, und alle zogen irgendwann gen Süden.
Auf den Höfen wurden nun die letzten Feld- und Baumfrüchte eingeholt: Nüsse, Rannen, Äpfel und vor allem auch Birnen, die nun von den Bäumen und spalieren geholt wurden und zum Einmachen oder Trocknen vorbereitet wurden. Ja, und Zwetschgen, die als „Datschi“ nun beinahe täglich auf den Tisch kamen.

 

Zwetschenkuchen, Was hamma gessn
Zwetschgenkuchen aus dem Kochbuch der Anna Merz

Zwetschgenkuchen
Aus dem Kochbuch der Anna Merz

Von 16 Lth Mehl, 10 Lth Butter, 2 Eier, ein wenig Salz, einen Eßlöffel voll Zucker detto (dito) sauren Rahm macht man einen festen Teig, wlge ihn 2 Mal aus, schlägt ihn zusammen und läßt ihn an einem kühlen Ort 2 Stunden lang zugedeckt liegen.
Herauf walge man ihn noch 3 Mal aus, das letzte Mal in der Größe des Bleches, welches dünn, aber gut mit Butter bestrichen wird, legt die Zwetschgen darauf, rüdle (abrunden) außen den Teig ein wenig ab, bestreiche dann den Rand mit Eiweiß und laße ihn 1/2 Stunde im Rohr, bis er schön gelb gebacken ist.

 

Zwirlmuas
Erika Kammermeier

Pro Person 1 Ei
100 – 120 g Mehl (je nach Eigröße)
1/2 l Milch
1 Prise Salz

Mehl, Ei und Salz zu einem sehr festen Teig verarbeiten, mit einem Reibeisen reiben, etwas antrocknen lassen, dann in die kochende Milch einstreuen. Etwa 10 Minuten leise kochen lassen, bis die Milch aufgesogen ist.

 

Zum Zwetschgenkompott kochte Erika Kammermeier gerne auch ein „Zwirlmuas“. Sehr gut zum Zwirlmuas schmecken Zwetschgen, die entkernt werden und mit Milch oder Rahm in einer Auflaufform bei 200 Grad etwa 30 Minuten im Backofen geschmort werden. Die Zwetschgen sollen von der Milch oder dem Rahm fast bedeckt sein.

In Buch war man erst noch mit der Hopfenernte beschäftigt, bevor meine Großeltern sich zu einem Besuch des Oktoberfests nach München aufmachten. Im Vierteljahresrhythmus fand auch noch die große Landwirtschaftsausstellung statt, und so konnten die Bauern das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.
Die „Wiesn“ mit Krinoline-Fahren und gebrannten Mandeln gehörte im Jahreskalender einfach mit dazu. Freilich ist man zur Brotzeit auch ins Bierzelt gegangen. Doch weil die Bucher Sparsamkeit buchstäblich sehr weit reichte, wurde auch da aufs Geld geschaut:

Wenn der Vater nach ‚Minga‘ (München) gfahren is, zum Oktoberfest, dann hat aber mei Mutter a Hendl mitgnommen! Und hats oben bratn lassn! Weil: Des hats ned glitten. Weil – wir waren ja große Bauern, reiche Bauern – aber das wär ja a Luxus gwesen … naa, naa, den hats ned glitten! Und da hat man also für 3 Mark s’Giggerl, s’Hendl braten können. So war des.
(Alois Kammermeier)