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Newsletter 11/09: Prominenz in Bogenhausen
Liebe Leserin, lieber Leser, gerade einmal sechs Jahre lag die Eingemeindung Bogenhausens nach München zurück, als der berühmte Erfinder Rudolf Diesel 1898 einen Bauplatz an der Maria-Theresia-Straße 32 erwarb. Zu dieser Zeit war das malerisch am rechten Hochufer gelegene Areal schon zu Münchens beliebtester Wohngegend für Künstler, Wissenschaftler und Unternehmer aufgestiegen. Es wurde kräftig gebaut; schier pausenlos entstanden neue Villen auf dem einst unbesiedelten Gelände. |
Rudolf Diesel wurde trotz seiner Erfindungen und der Villa in Bogenhausen nicht glücklich, Foto 1911 (Bayerische Staatsbibliothek München). | Rudolf Diesel musste für seine Villa deutlich tiefer in die Tasche greifen als ursprünglich gedacht. Die Ausgaben für den Baugrund, den Hausbau und die Einrichtung beliefen sich auf annähernd 900.000 Mark, auch der Unterhalt der von Max Littmann entworfenen Villa war kostspielig. Kein Wunder, wenn man Diesels Beschreibung hört: „Die große Mode der reichen Häuser der Jahrhundertwende war die Halle, der Mittelraum des Hauses […] Zuerst war eine kleine Halle geplant, aber meine Mutter wünschte sich eine große Halle, ganz gegen ihr sonst ängstliches Wesen. Und die Halle wurde sehr groß […] Sie ging durch zwei Stockwerke, hatte eine breite Treppe mit einem aus dem Vollen geschnitzten Eichenholzgeländer, oben das Billard- und das Jagdzimmer und die umlaufende Galerie, unten in den Ecken behagliche Sitzräume, einen gewaltigen Kamin mit dem Bild des Hausherrn darüber und Glasmalerei in den hohen Fenstern.“ Allein die Heizkosten waren beträchtlich. |
Diesel war 1858 als Sohn eines aus Bayern ausgewanderten Lederhandwerkers in Paris zur Welt gekommen. Da im Deutsch-Französischen Krieg alle Deutschen aus Paris ausgewiesen wurden, floh die Familie nach London. 1875 begann er ein Studium an der Technischen Hochschule in München, das er 1880 als Bester seit Gründung der Hochschule beendete. Diesel arbeitete für den Kältetechniker Linde in Paris und Berlin und entwickelte schließlich den nach ihm benannten Dieselmotor. Damit wurde Diesel schlagartig berühmt und reich – und erlitt im Augenblick seines größten Triumpfes einen Nervenzusammenbruch. Diesel fürchtete, verrückt zu werden oder zu sterben. Um seine Familie abzusichern, verkaufte er seine Rechte am Dieselmotor; für ihn war dies „die Befreiung und Erlösung von einer seelisch wie körperlich untragbar gewordenen Last.“ | ||
Plan des Architekten Max Littmann für die Villa Diesel, 1899 (Lokalbaukommission München). |
Das Glück hatte ihn verlassen: Diesels Buch „Solidarismus“ blieb erfolglos, Grundstücksgeschäfte erbrachten große Verluste. Weil er sich übervorteilt fühlte, wollte er sich bei der Heilmannschen Immobiliengesellschaft rächen. Er kaufte sich mit einem Millionenbetrag Aktien der Gesellschaft und strengte einen Prozess an – den er jedoch in letzter Instanz verlor.Am Ende seines Lebens war für Rudolf Diesel die hochherrschaftliche Villa an der Maria-Theresia-Straße – inzwischen von ihm verbittert „Mausoleum“ genannt – nur noch eine Last. Von finanziellem Ruin bedroht, beging er 1913 auf der Nordsee Selbstmord. Ein holländisches Lotsenboot fand die Leiche. Die Besatzung nahm ihm die Papiere ab, ließ jedoch – nach der Gewohnheit der Seeleute – die Leiche nicht an Bord. Das Meer wurde ihm zum Grab; bis heute gibt es keine letzte Ruhestätte für den großen Erfinder Rudolf Diesel. | ||
Querschnitt durch die Villa Diesel mit Blick auf die imposante Eingangshalle (Lokalbaukommission München). |