Bayerische Geschichten 18/2024: Max in Bestform

Liebe Leserinnen und Leser,

man soll die Feste feiern, wie sie fallen! – Dieser Meinung ist auch Max, der „Sparifankerl“ aus Stephanskirchen, dem Dorf mit spitzem Kirchturm, Maibaum, Wirtshaus und drei Bauernhöfen, ganz weit im Süden Bayerns, wo man die Alpen sehen kann. Der kleine Held der beliebten Kinderbuchreihe von Rosi Hagenreiner lässt es auch im 5. Band, der sich um Familienfeiern und bayerische Traditionen im Jahreslauf dreht, wieder ordentlich krachen. Denn wenn Max mitfeiert, wird es vogelwild:

Zum Beispiel auf der Chaos-Hochzeit der Nachbarin Hupf mit Gänseattacke, verschlucktem Ring und feststeckender Braut. Oder an Ostern, als Max die legendäre Hinterbergertorte vor acht gefräßigen Tanten retten muss. Ob die Fronleichnamsfeier mit hohem Besuch aus Rom trotz verschwundenen Socken und fliegenden Knödeln glücklich endet? Der Namenstagsausflug mit Opa Alfred auf die Zugspitze tut es sicherlich nicht. Und natürlich sind alle gespannt, welche Christbaum-Katastrophe die Stephanskirchener dieses Jahr erwartet! Wir wünschen viel Vergnügen mit der Leseprobe:

Weihnachten ohne Christbaum? Geht bei Opa Alfred gar nicht!
Also holte er die Axt aus der Werkstatt, verstaute sie in seinem roten Rucksack und setzte sich seinen Strohhut auf den Kopf. Und dann stapfte er zusammen mit Max in den Wald.
Die letzten Tage hatte es geschneit, alles lag unter einer dichten weißen Decke und die Zweige der Tannen und Fichten bogen sich unter der Schneelast. Max musste einen Baum nach dem anderen vom Schnee befreien, damit Opa ihn begutachten konnte. Es sollte ja ein schöner Christbaum sein: „Sonst meckert die Oma wieder wochenlang!“, sagte Alfred und brauchte fast eine Stunde, bis er einen Baum gefunden hatte, der seinen und hoffentlich auch Oma Ernas Vorstellungen entsprach.
„Da schau her, Max, der ist zwar nicht ganz so groß, aber sehr schön gewachsen, den nehmen wir“, sagte Opa und holte seine Axt aus dem Rucksack.
„Pscht, Opa, stopp.“ Max stupste ihn in die Seite. „Schau mal, da kommt jemand!“
„Zefix“, flüsterte Alfred, ließ die Axt in den Schnee fallen und hastete mit Max ins nächste Gebüsch.
Vorsichtig lugten sie durch die Zweige.
„Opa, schau, das ist ja der Franz vom Wirt“, flüsterte Max. „Was macht denn der hier?“
Eine Antwort erübrigte sich, denn der Franz schüttelte ganz schnell die erstbeste Tanne, um sie vom Schnee zu befreien, und ging dann einmal mit prüfendem Blick rund um den Baum. „Werd scho passen“, murmelte er, zog eine Säge hervor und fing an – ritze ratze –, damit den Baumstamm zu bearbeiten.
Schnell bildeten sich dicke Schweißperlen auf seiner Stirn. Aber nicht ums Verrecken brachte er das Bäumchen zu Fall. Ein leises „Zefix Halleluja“ war zu hören. Half aber auch nichts. Vor sich hin fluchend befestigte der Franz schließlich einen Strick an der Spitze seiner Tanne, wickelte sich das andere Ende um den Bauch und zog daran wie ein Ochse am Pflug. Aber weil der Franz kein echter Ochse ist, dauerte es eine ganze Weile, bis er das Bäumchen entwurzelt hatte und sich damit aus dem Staub machen konnte.
„Sag mal, Opa.“ Max schüttelte den Kopf. „Warum klaut der Franz hier einen Christbaum? Der hat doch selber einen Wald.“
„Max, also hör mal, aus dem eigenen Wald klaut man keinen Baum! Wir sind ja schließlich auch hier.“
„Mhm, stimmt“, sagte Max und nickte. Er wurde langsam ungeduldig, denn nach dem ganzen Schnee, den er von unzähligen Tannenzweigen geschüttelt hatte, waren seine Finger starr vor Kälte. „Opa, mir ist kalt! Holen wir jetzt endlich unseren Baum?“
„Okay“, sagte Alfred, schnappte sich seine Axt und fällte mit nur einem Hieb das schöne Tannenbäumchen, das die beiden vorher ausgesucht hatten. Dann steckte er die Axt zurück in den Rucksack, klemmte sich den Baum unter den Arm und stapfte los.
Max lief hinterher, doch nach wenigen Metern erstarrte er erneut und hielt Alfred am Ärmel fest. „Opa, halt, schau mal, da kommt schon wieder einer.“
Ist denn das zu fassen?
„Ich glaub, das ist der Klingelhuber“, meinte Max.
„Der Depp hat uns gerade noch gefehlt“, schimpfte Alfred leise, ließ den Christbaum hektisch in den Schnee fallen und flüchtete mit Max ins Unterholz.
Der Werner Klingelhuber ist Jäger und Förster und deshalb oft im Wald anzutreffen. Er ist aber auch Polizist, ein Oberhauptkommissar oder so was Ähnliches. Und solchen Personen sollte man besser aus dem Weg gehen, wenn man an Weihnachten mit einer Axt im Wald unterwegs ist.
Mit hochgezogenen Schultern, einer Flinte über der Schulter und einer eigenen Axt in der Hand schlich der Kommissar den Waldweg entlang. Seine Polizistenkappe, ohne die er nie aus dem Haus geht, hatte er ganz tief ins Gesicht gezogen. Er wollte wohl unerkannt bleiben. Was ziemlich deppert ist, denn wer außer dem Klingelhuber läuft schon mit so einer Kopfbedeckung herum? Schritt für Schritt kam er näher, immer wieder schaute er nach links und rechts, als hätte er ein schlechtes Gewissen.
„Opa“, flüsterte Max, „was macht der da?“
„Keine Ahnung, vielleicht sucht er nach Christbaumdieben.“
Max bekam’s mit der Angst zu tun. Vorsichtshalber machte er ein paar Schritte weiter ins Unterholz und zog Opa hinterher.
Plötzlich blieb der Oberhauptkommissar stehen und lächelte. „Ha! Ja do schau her“, sagte er und bückte sich.
Und dann schnappte der sich doch wirklich das Tannenbäumchen, das Opa fallen gelassen hatte, hob es auf die Schulter und machte sich damit schleunigst vom Acker.
„Opa, der nimmt unseren Baum mit!“ Max war entsetzt.
Alfred schnaubte auch wie ein Stier, am liebsten wäre er dem Klingelhuber hinterher gerannt. Aber was hätte er sagen sollen, wenn er den Oberhauptkommissar eingeholt hätte?
Auf jeden Fall pressierte es jetzt. Denn die Dämmerung setzte ein, es wurde immer dunkler und kälter und sie hatten immer noch keinen Baum – am Weihnachtsabend!

Ob Max, Kati, Oma Erna und Opa Alfred wirklich Weihnachten ohne Christbaum feiern müssen? Schnell weiterlesen im neuen „Max lässt’s krachen“.