Bayerische Geschichte(n), 17/2018: Freimann – Münchens unentbehrlicher Stadtteil

Die „Bayerischen Geschützwerke“ der Friedrich Krupp AG, 1917 (Bild: Mohr-Villa Stadtteilarchiv Freimann)

Liebe Leserin, lieber Leser,

maßgeblich prägend für den relativ jungen Stadtteil Freimann war das 1917 errichtete Rüstungswerk der Firma Krupp, das nach den Bestimmungen des Versailler Vertrags von 1919 freilich wieder demontiert werden musste. Doch die neuen Werkhallen mit der entsprechenden Infrastruktur waren vorhanden und der Weg Freimanns zum Industriestandort unumkehrbar. 1925 erwarb die Reichsbahn das Gelände und verlagerte das Reichsbahnausbesserungswerk von der zu eng gewordenen „Centralwerkstätte“ an der Donnersberger Brücke hierher, auch um in der Nähe des Münchner Hauptbahnhofs Platz für die Erweiterung der Gleisanlagen zu schaffen.

25 Jahre nach Inbetriebnahme und zwei Jahre vor Aufhebung der Unterhaltung von Dampflokomotiven: die große Dampflokomotivrichthalle 24, 1951 (Foto: 25 Jahre Eisenbahnausbesserungswerk München-Freimann)

Seit 1927 wurden nun in Freimann schwere Dampflokomotiven mit modernsten Methoden repariert. Die Arbeitsdauer der völligen Instandsetzung einer Lokomotive konnte von 120 bis 140 Tagen auf nunmehr maximal 20 Tage heruntergeschraubt werden. Allerdings: Das neue riesige Werk mit seinen großen Entfernungen und den leeren, kalten Hallen, das in krassem Gegensatz zu der gemütlichen, eng gebauten „Centralwerkstätte“ stand, brachte Freimann innerhalb der Arbeiterschaft den Namen „Neusibirien“ ein. Doch mit zunehmender Vervollständigung des Betriebs fanden sich die Mitarbeiter mit den neuen Verhältnissen zurecht. Es gab eine Werkskantine, einen eigenen Werksbahnhof und bald auch Sportanlagen für den betriebseigenen Turn- und Sportverein.

Spielplatz der Genossenschaftssiedlung mit Wasserbecken und Flötenspielerfigur im Hintergrund in den 1930er Jahren (Foto: Die Reichsbahnsiedlung München-Freimann in: Deutsche Baukunst Bd. 5 1930).

Gleichzeitig mit Inbetriebnahme des Werks begann auch die Planung für eine große betriebseigene Wohnsiedlung zwischen dem Werksgelände und dem alten Dorf Freimann. Die Siedlung war großzügig ausgestattet mit zehn Läden, zwei Gasthäusern, mehreren Zentralwäschereien, Grünanlagen und Kinderspielplätzen. Durch den Zuzug der Eisenbahnerfamilien stieg die Zahl der Bevölkerung sprunghaft an, in den letzten Jahren vor der Eingemeindung 1931 um 40 Prozent auf 2.108 Einwohner. Die Siedlung ist bis heute vollständig erhalten und wird nach wie vor von der Baugenossenschaft Reichsbahnwerk Freimann verwaltet.

Freimann im Münchner Norden vereint wie kein anderer Stadtteil so sehr die Extreme der modernen Großstadt: Hier findet sich die älteste Kirche des Münchner Stadtgebiets direkt neben dem Autobahnkreuz, den BR-Studios und der Allianz Arena. Mit der Kläranlage Großlappen und dem Müllberg, aber auch mit der Studentenstadt und dem Islamischen Zentrum übernahm Freimann lebenswichtige Funktionen für den Organismus München. Mit über 400 Abbildungen führt das Buch von den Anfängen des frühen Dorfs bis zum heutigen ständig wachsenden Stadtentwicklungsgebiet.