Bayerische Geschichten 17/2021: Nürnberg zwischen Kaiserburg und mittelalterlicher Handelsmetropole

Liebe Leserin, lieber Leser,
ist Ihnen Eppelein von Gailingen ein Begriff? Der heute sagenumwobene Raubritter machte im 14. Jahrhundert die Handelswege um die Freie Reichsstadt Nürnberg unsicher und war bei seinen Unternehmungen dermaßen erfolgreich, dass die Reichsacht über ihn verhängt wurde. Ja, das mittelalterliche Nürnberg weckte als blühendes Zentrum von Kunst, Handwerk und Handel Begehrlichkeiten. Und noch heute hat die Stadt viel mehr zu bieten als Rostbratwürste und Christkindlesmarkt. Besonders die Altstadt hat sich ihr mittelalterliches Flair bewahrt und die Kaiserburg thront über prächtigem Fachwerk und verwinkelten Gassen.
Kommen Sie mit: Die Historikerin Susanne Herleth-Krentz weist Ihnen in ihrem kompakten Reiseführer für Rucksack und Hosentasche den schönsten Weg durchs „alte Nürnberg“.

Der Eingang zur Kaiserburg mit dem Heidenturm (Foto: Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung)
An der Kaiserburg kommt kein Besucher Nürnbergs, der zweitgrößten Stadt Bayerns, vorbei. In exponierter Lage auf dem Burgberg überragen ihre Türme die des Rathauses und der Sebalduskirche noch um ein Vielfaches. Auch wer nicht über die Zeit für eine ausführliche Besichtigung verfügt, sollte sich den reizvollen Blick über die Dächer der Stadt von hier oben nicht entgehen lassen: Im Westen lässt sich die ganze Anlage der Kaiserburg mit Sinwellturm und Tiefem Brunnen auskundschaften, im Osten locken die reichsstädtischen Bauten mit der ehemaligen Kaiserstallung, dem Luginsland-Turm und der Walpurgiskapelle. Im Sinwellturm war mehrere Jahrhunderte lang die Feuerwache Nürnbergs postiert, bevor technische Neuerungen den Ausguck ersetzten. Dagegen soll heute noch die „Blaue Agnes“ im Turm hausen – kein grausiges Schlossgespenst, sondern zu Lebzeiten eine begnadete Tuchmacherin und der gute Geist der Stadt.
Das Haus des Meisters Dürer (Foto: Niklas CTZ Nürnberg)

Ihren Aufstieg zur wohlhabenden Handelsstadt verdankte Nürnberg nicht allein der Gunst des Kaisers – auch wenn es als höchste Ehre gelten konnte, seine Reichkleinodien verwahren zu dürfen. Die hier lebenden Menschen, die großen Söhne und Töchter der Stadt waren ausschlaggebend für den Erfolg: Maler Albrecht Dürer, dessen Wohn- und Arbeitshaus nach wie vor am Tiergärtnertorplatz zu finden ist-  heute ein Museum –, Meistersinger und Schuhmacher-Poet Hans Sachs, Äbtissin Caritas Pirckheimer, die dem Humanismus Vorschub leistete und engen Kontakt zum Theologen und Reformator Philipp Melanchthon hielt, oder Veit Stoß, der nur einer von vielen hier lebenden und arbeitenden Künstler war und mit seinem „Englischen Gruß“ in der Nürnberger Kirche St. Lorenz in die Kunstgeschichte einging.

Blick in den Handwerkerhof (Foto: Dierenbach CTZ Nürnberg)

„Nürnberger Tand geht durch alle Land“: Der Spruch zeugt vom Respekt, sicher auch Neid auf das rege Netz an Handelswegen, das die Stadt im Mittelalter mit der Welt verband. Besonderen mittelalterlichen Charme strahlt heute der Handwerkerhof aus; hier endete eine der wichtigsten Handelsstraßen von und nach Regensburg. 1971 im ehemaligen Waffenhof des Frauenturms originalgetreu wiederaufgebaut, lockt er Gäste wie Einheimische ins Rund der kleinen Fachwerkhäuser. Wer auf der Suche nach traditionellem Kinderspielzeug aus Blech oder Holz ist, wird hier ohne Zweifel fündig. Auch Glaskunst kann erworben werden, neben Köstlichkeiten der Region von Lebkuchen bis Wein. Und mit dem „Bratwurstglöcklein“ ist hier eine der ältesten Küchen Nürnbergs zu finden, in der die Rostbratwürste auf handgegossenen Zinntellern serviert werden.