Bayerische Geschichte(n), 03/2015: Dem Depp sei Hacklstecka
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Das ist ein schöner Lug, wenn man immer herumsagt, bei uns in Bayern gibt es keinen Fortschritt nicht und wir passen uns nicht der neuen Zeit an! So was erfinden bloß die Norddeutschen und die sonstigen Ausländer, die wo immer auf Sommerfrische herunter kommen zu uns und meinen, wenn sie einmal zu uns herein gerochen haben, dann kennen sie uns und unser Land schon wie ihre Westentasche. Einen Dreck wissen sie, jawoll.“ So zumindest urteilte Oskar Maria Graf. Und „ein schöner Lug“ ist es auch heute noch, wenn man meint, dass sich das Bayerische auf eine eigene Aussprache des Deutschen beschränkt.
Es sind vielmehr die besonderen Redensarten, Sprüche und Lebensweisheiten, in denen sich das bayerische Wesen offenbart – das zuweilen freilich alles andere als gemütlich ist: Wia beim Essen, so bei da Arwat, heißt es in Bayern. Und das bedeutet, dass jemand, der schnell sein Essen in sich hineinschaufelt, mit Sicherheit auch seine Arbeit in einem ähnlichen Tempo erledigt. Und selbstredend schwingt bei dieser Bemerkung mit, dass es sich so gehört. Andernfalls kann es durchaus passieren, dass man sich eine weitere Spitze anhören muss: Des san ma scho die Rechten – beim Essen schwitzen und bei der Arwat friern. Will sagen: Beim Essen so reinhauen, dass es einem heiß wird, bei der Arbeit aber herumtrödeln und sich nicht bewegen.
Aber es könnte noch schlimmer kommen: Eine arge Beleidigung ist es, wenn man als „Breznsoiza“ bezeichnet wird. Denn wenn der Bayer von jemandem meint, er tauge gerade noch dazu, das Salz auf die Brezen zu streuen, dann möchte er damit zum Ausdruck bringen, dass die Intelligenz des so Betitelten schon nicht mehr ausreicht, um den Brezen ihre schöne Form zu verleihen. Eine Steigerung des Brezensalzers wäre allenfalls „dem Depp sei Hacklstecka“: Noch dümmer als der Depp selbst ist nur noch sein Spazierstock. Die etwas neuzeitlichere Variante davon ist dann „dem Depp sei Limofahrer“. Keine Beleidigung, sondern ganz im Gegenteil eine echte Respektsbekundung ist es, wenn man in Bayern jemanden als „Hund“ bezeichnet – vorausgesetzt, man fügt dabei das Wörtlein „fei“ ein und sagt: „A Hund bist fei scho!“
Unter dem Titel „A Hund bist fei scho!“ hat Hans Rottmeir mehr als tausend Sinnsprüche, Redensarten und Lebensweisheiten zwischen zwei Buchdeckeln versammelt – damit die Vielfalt und die Einzigartigkeit der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten des Bairischen auch kommenden Generationen erhalten bleiben.
-
ISBN: 978-3-86222-480-7
E-Book: 12,99 €
€19,90