Bayerische Geschichten 26/2020: Wenn Bilder sprechen könnten
Liebe Leserin, lieber Leser,
Bücher zu Karl Valentin gibt es viele. Dieses ist aber völlig anders. Weder ist es vom Münchner Humoristen, noch geht es um ihn. Es ist ein Bilderbuch, für das Valentin die Bildunterschriften verfassen durfte, lange bevor es die Bilder überhaupt gegeben hat. Sie meinen, das klingt verrückt? Hier in Bayern, speziell in München, nennt man so etwas „valentinesk“. Herbert Becke, Fotograf mit Vorliebe für ungewöhnliche Perspektiven, und Gunter Fette, „Irdischer Statthalter“ Karl Valentins, legen mit ihrem Bildband ein Werk vor, das Seinesgleichen sucht. Die Bilder Beckes werden mit schrägen, philosophischen, bekannten, aber auch bislang unveröffentlichten Sprüchen des Wortakrobaten verbunden – immer mit dem Gedanken im Hinterkopf: Was würde Valentin dem Betrachter mit dem Foto sagen wollen?
Der Münchner Karl Valentin ist bekannt als Humorist, Volkssänger und begnadeter Wortakrobat. Aber wer weiß, dass er sich auch für Fotografie interessiert hat? Selbst stand er zwar selten hinter der Linse, vielmehr war er ein Connaisseur, sammelte Lichtbilder seiner Volkssänger-Kollegen, Aufnahmen des alten München und auffallende Erotika. Auf diese Weise bewahrte er Einmaliges vor dem Verschwinden, auch seine eigenen Aufführungen. Und da Karl Valentin alles inszenierte, ist es kein Wunder, dass er sich auch in Stücken wie „Das Photoatelier“ mit dem Fotografieren beschäftigte. Ganz analog – mit Schere und Retusche – betätigte er sich sogar, lange bevor es das entsprechende Bildbearbeitungs-Programm gab, als „Photoshopper“, der seinen kleinen Bauch im hautengen Fahrradtrikot wegpinselte.
„Es muss alles gelernt sein. Meine Bilder werden halt nichts“, gibt Karl Valentin im Monolog „Der Photograph“ offen zu. Im Gegensatz zum Amateur Valentin ist Herbert Becke ein Profi. Er beherrscht die Technik und hat den notwendigen Blick für das Besondere – meist vom Boden aus. So befindet sich Becke oft auf Augenhöhe mit dem liebsten Begleiter des Münchners, dem Dackel, und zeigt einen neuen, unverstellten Blick auf Altbekanntes. In Kombination mit den Sprüchen Valentins – denn mit Worten jonglieren, das konnte dieser wie kein anderer – ergibt das etwas ganz Besonderes: „Bilder-Sprache“.