Bayerische Geschichte(n), 18/2014: Schönheit, die mit ihrer Umgebung verwachsen ist
Liebe Leserin, lieber Leser,
jedes Land und jede Region haben ihre ganz besondere Bauweise. Das Altmühltal ist die Heimat des Jurahauses. Mit einer Fläche von fast 3.000 Quadratkilometern zählt der Naturpark Altmühltal zu den größten Naturparks Deutschlands und stellt durch seine Verbindung von Natur und Kultur nicht nur für Touristen eine Besonderheit dar. Hier wird Geschichte erlebbar. Typisches Landschaftsmerkmal sind die vielen Steinbrüche, in denen der Plattenkalk abgebaut wird. Er bedeckt, als eines der herausragendsten Kennzeichen, die Dächer der Jurahäuser. Diese befinden sich immer in der Nähe der Steinbrüche, da die massiven Platten damals innerhalb eines Tages von Hand zur Baustelle transportiert werden mussten.
Das einzige Schloss mit Jurahausdach befindet sich in Inching, einem kleinen Dorf mit nur 100 Einwohnern. 1055 wurde es das erste Mal urkundlich erwähnt. Außergewöhnlich ist, dass das Dachgeschoss von einem Barocksaal mit Erker dominiert wird, bedeckt von einem Zwiebeldach. 1919 erwarb Heinrich Ullmann, Architekt, Denkmalpfleger, Maler und Fotograf das Schloss. Er war der erste, der die Bedeutung der Jurahäuser für das Altmühltal erkannt und sich für den Schutz dieses kulturellen Erbes eingesetzt hat. Heute bewohnt sein Enkel Robert Böhm mit seiner Frau Erika das Schloss. Gemeinsam kümmern sie sich um den künstlerischen Nachlass Ullmanns und bewirten liebevoll ihre Feriengäste.
Der kulturelle und historische Wert der Jurahäuser wird verkannt, weswegen viele entweder durch Neubauten ersetzt werden oder schlicht verkommen. Dieses Schicksal ereilt auch den „Moiahof“ in Schafhausen, ein ehemals farbenfrohes Jurahaus mit mittlerweile bewachsenem Schieferdach. Dieses ist bereits eingestürzt, doch da das Gebäude sich nicht unter Denkmalschutz befindet, besteht bedauernswerter Weise keine Verpflichtung zur Sanierung. Der Hauseingang ist mit Dickicht überwuchert, der kleine unter dem Hof hindurchfließende Bach könnte Idylle schaffen, wenn er nicht für Feuchtigkeit sorgen und so dem Jurahaus weiter zusetzen würde.
Helga Partikel unterstützt in ihrem Bildband „Jurahaus – Stille Schönheit im Altmühltal“ das Werteempfinden der oft zu wenig geschätzten Gebäude und hilft dabei, deren Einzigartigkeit zu verstehen. Anhand beeindruckender Fotografien zeigt sie die bunte Vielfalt der Gebäude auf, veranschaulicht Charakteristika und Besonderheiten und setzt sich für den Erhalt dieser Baukultur ein.